260. Die Nixe im Liskateich.

[281] Unweit der Burg Czeschhaus befindet sich der sogenannte Liskateich, von dem erzählen die Umwohner jener Burg, es ließen sich darin bisweilen gespenstige Weiber sehen, die darin badeten, ihre Kleider wüschen und sie auf den den Teich umschattenden Gesträuchen zum Trocknen aufhingen. Man dürfe aber ja nicht hinzutreten, wenn dies geschehe, denn dem, der ein solches Wesen nackend sehe, stehe großes Unglück, ja selbst der Tod bevor. Gewöhnlich soll es nun aber blos ein wunderschönes Frauenbild sein, die sogenannte Liska, eine heidnische Jungfrau, welche in diesen Weiher verwünscht ist. Einst hat sie ein Besitzer des Zeiskenschlosses in der Nähe des Teiches gesehen, kennen gelernt und wirklich ein Liebesverhältniß mit ihr angesponnen. Sie hat seine Liebe erwidert, ihm aber streng verboten, ihr nachzugehen oder sie gar im Bade zu belauschen, dafern er sein Leben lieb habe, denn ihre Zuneigung zu ihm selbst könne ihn nicht schützen. Der verliebte Ritter aber hat nicht gehört, sondern hat sich eines Abends in dem den Teich umgebenden Gebüsche versteckt und die Nixe wirklich nackend im Bade gesehen. Allein auch sie hat es bemerkt und ihm mit trauriger Miene gesagt, er werde in wenigen Tagen seine Neugierde mit dem Leben büßen und sein Geschlecht mit ihm untergehen, und so ist es auch gekommen. Die schöne Liska aber soll noch oft am Strande des Weihers sitzend zu sehen sein.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 281.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Sagenbuch des Preußischen Staats
Sagenbuch des Preußischen Staats: Erster Band
Sagenbuch des Preußischen Staats: Zweiter Band
Sagenbuch des Preußischen Staats: Erster Band
Sagenbuch des Preußischen Staats: Zweiter Band