271. Des Teufels Dudelsack.

[293] (S. Gödsche S. 118 etc.)


In dem Dorfe Liatkowe bei Militsch wohnte einmal ein alter Musikus, der wegen seiner Fertigkeit auf dem Dudelsack eine auf allen Tanzböden, bei allen Hochzeiten und Kindtaufen gesuchte Persönlichkeit war. Er verdiente schönes Geld, allein je mehr er zusammenhäufte, desto habsüchtiger ward er und namentlich stachelte ihn seine Frau noch mehr zum Geize an, denn sie war womöglich noch mehr der Habgier ergeben als er. Außerdem war er aber auch über Gebühr hochmüthig und auf seine Geschicklichkeit als Musikus eingebildet und behauptete sogar, der Teufel selbst könne keinen bessern Dudelsack blasen als er.

So hatte er einst bei einer fröhlichen Hochzeit im Dorfe Breslawitz sich wichtig gemacht und begab sich gegen Mitternacht mit vollen Taschen auf den Rückweg nach Hause. Es führte ihn aber, ehe er in sein Dorf gelangte, sein Weg durch die Liatkower Haide, einen ziemlich großen Wald, und aus Langeweile nahm er seinen Dudelsack zur Hand und fing an darauf einige lustige Stückchen zu blasen. Es währte aber nicht lange, so kam es ihm vor, als wenn von der andern Seite des Weges ein anderer Dudelsack ihm entgegen käme und bald überzeugte er sich, daß wirklich ein anderer Musikant gewissermaßen mit ihm wetteiferte; er fing also an, das schönste Stückchen, welches er kannte, zu blasen um jenen zu übertäuben. Allein es gelang ihm nicht, er mußte sich selbst gestehen, daß das Instrument seines Nebenbuhlers viel besser als das seinige sei und auch die Melodien, die jener spielte, die seinigen weit überträfen. Endlich gelangte er auf einen freien, vom Mondlichte bestrahlten Platz im Walde und in demselben Augenblick trat jetzt auch der fremde Musikus aus den Bäumen hervor. Es war dies aber ein langer Mann mit einer Habichtsnase und großen blitzenden und stechenden Augen, sein Hut war mit einer rothen Hahnfeder geschmückt und unter dem Arme trug er einen neuen Dudelsack mit silbernem Mundstück. Sie begrüßten sich gegenseitig und Jobst, so hieß der Dudelsacksbläser aus Liatkowe, frug den Fremden, wo er herkomme und hinwolle. Dieser sagte, er komme aus Polen und sei hier in diese Gegend gekommen um Geschäfte zu machen, er fertige dergleichen Instrumente und habe zu Hause noch eine Menge dergleichen, die sogar noch besser wären. Da dachte Jobst, hier sei ein Geschäft zu machen, und fragte jenen, ob er seinen Dudelsack nicht vielleicht verkaufe. Der Fremde meinte, dazu könne wohl Rath werden, nur möge Jobst ihn erst einmal versuchen, damit er auch wisse, was er kaufe. Freudig griff dieser nach dem Instrument, setzte es an und blies die wundervollsten Weisen, die ihm gleichsam von selbst auf die Zunge kamen. Er fragte nun nach dem Preise und jener meinte, er wolle nicht Alles in Baarem haben, er solle ihm seinen eigenen Dudelsack geben und seinen heutigen Verdienst, einen schlesischen Kuhthaler. Jobst hatte nun nichts Eiligeres zu thun als auf den Handel einzugehen, denn er dachte mit einem solchen Instrument werde er alle andern Dudelsacksbläser ausstechen, sie tauschten ihre Instrumente um und Jeder zog nun seines Weges. Jobst aber hörte nicht auf, den ganzen übrigen Weg sich ein Stück nach dem andern vorzublasen, und als er nach Hause gekommen war, hing er den Dudelsack über sein[294] Bett und legte sich überglücklich nieder, indem er es nicht erwarten konnte, bis der Morgen anbrach, um seiner Frau seinen guten Kauf zu zeigen. Kaum war er zu früher Stunde erwacht, so weckte er auch seine Frau und erzählte ihr sein Abenteuer; als dieselbe aber in die Höhe schaute, da hing leider statt eines Dudelsacks ein alter Schinderknochen an der Wand. Da erschrak Jobst fürchterlich, bekreuzte und segnete sich, denn jetzt wußte er, wer ihm begegnet war und daß ihm der Gottseibeiuns selbst etwas vorgeblasen und ihn zum Besten gehabt hatte. Seine Frau aber machte ihm die bittersten Vorwürfe, daß er sich so hatte anführen lassen und nicht blos sein verdientes Geld, sondern auch seinen schönen Dudelsack verloren hatte. Jobst aber nahm den Knochen und trug ihn hinaus in seinen Garten und vergrub ihn hinter dem Zaune desselben, allein als er am andern Morgen erwachte, da hing der Schinderknochen wieder an der Wand über seinem Bette. Er nahm ihn also wieder herunter und vergrub ihn weit weg von seiner Behausung in einem großen Steinhaufen, allein nichts desto weniger hing er doch am dritten Morgen wieder an seiner vorigen Stelle. Nun nahm er ihn und warf ihn, indem er noch zur Fürsorge einen Stein an ihn gebunden hatte, in einen weit entfernten See, allein es half alles nichts, den Tag darauf hing er wieder an seinem frühern Nagel, und so ging es fort, er ließ Messen über Messen lesen, er ward das Teufels-Instrument nicht eher los, als bis er sich an einen alten Schäfer zu Strebitzke wendete, der den Knochen endlich in einen Wald bannte, wo er endlich auch geblieben ist.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 293-295.
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