332. Woher Guben seinen Namen hat und wann seine Bürger Christen geworden sind.

[389] (S. Haupt Bd. I. S. 98.)


Die Stadt Guben hat ihren Namen von einer Wendenschlacht, denn da die Slaven sich hinter ihren Sümpfen und Morästen sicher glaubten, überfiel sie Kaiser Heinrich I. mit Hilfe der Sachsen im Winter, weil da die Lachen gefroren waren. Als sie nun des Kaisers Heer ansichtig geworden, sollen sie gerufen haben: »To scho sgubione« d.h. »es ist Alles verloren.« Als nun der Kaiser erfuhr, was das heiße, so gab er den stolzen Feinden zum Spott der Stadt den Namen Gubine, Guben.[389]

Die Vorfahren der heutigen Bewohner der Stadt Guben waren die heidnischen Semnonen, die an dem Ufer der Neisse in einem Eichenhain einen Tempel mit abgöttischen Bildern hatten, wo sie dem Götzendienst oblagen. Nun soll der Apostel Johannes in der Verbannung auf der Insel Pathmos einst ein himmlisches Gesicht gehabt haben. Er sah nämlich im fernen Norden das Land der Semnonen, welches nach der Erlösung aus den Finsternissen des Heidenthums schmachtete. Deshalb bewog er seinen Schüler Polykarpus dorthin zu wandern und ihnen die christliche Heilslehre zu verkündigen. Derselbe erfüllte auch gehorsam den Auftrag seines Meisters, gelangte unter mancherlei wunderbaren Abenteuern in den heiligen Hain bei Guben und ward von den gottesfürchtigen Semnonen freundlichst aufgenommen. Ein Jahr lang blieb er hier, predigte Christum und taufte viele Heiden; man zeigt sogar heute noch die Stelle am Ufer der Neisse, wo er die Semnonen taufte. Später ward an derselben Stelle das Jungfrauenkloster erbaut.

Nach einer andern Sage hätte jedoch noch im Jahre 930, wo Kaiser Heinrich I. Guben gründete, hier die Abgötterei im heiligen Hain sehr stark im Flor gestanden.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 389-390.
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