473. Das brennende Geld.

[500] (Nach Arndt, Jugenderinnerungen Bd. I. S. 332 etc. [II. A.])


In einer Novembernacht gegen Morgen kamen drei Bauern von einer Hochzeit aus dem Dorfe Lanken geritten, um nach ihrem Heimathsdorfe zurückzukehren. Als sie aus dem Walde, der die beiden Dörfer trennt, herauskamen, sahen sie an einem kleinen Busche auf dem Felde ein großes Feuer, das bald wie ein glühender Heerd voll Kohlen glimmte, bald wieder in hellen Flammen aufloderte. Erst hielten sie voller Verwunderung still und sahen sich nach den Hirten um, welche es angemacht haben konnten, allein bald fiel ihnen ein, daß jetzt keine Zeit zum Verweilen im Freien sei, und daß also etwas Anderes hier vorgehen müsse. Auf einmal rief einer: »Nachbarn ich weiß was es ist, hier brennt Geld, seid still, laßt uns hinreiten und jeder mag seine Taschen ruhig mit den Kohlen füllen, dann haben wir genug für alle Zeit!« Der älteste aber sprach: »Behüte Gott, daß ich in dieser späten Zeit aus dem Wege reiten sollte; ich kenne den Reiter zu gut, der da ruft: hoho, hallo! halt den Mittelweg78«, der zweite hatte auch keine Lust dazu, der jüngste aber faßte sich ein Herz, gab seinem Pferde die Sporen und nöthigte es, es mochte sich noch so sperren, in das Feuer hineinzureiten, er sprang ab, füllte sich die Taschen voll Kohlen und jagte dann seinen beiden Gefährten nach. Dicht vor Vielmitz holte er sie ein und nun ritten sie, ohne ein Wort mit einander zu sprechen, wieder in ihr Dorf hinein. Als sie dort ankamen, war es bereits ganz hell, der Bauer aber, der sich die Kohlen eigesackt hatte, war zu neugierig zu wissen was er für Kleinodien und Geldstücke mit sich herum schleppe, denn die Schwere derselben zog ihn die Taschen ganz herunter, er griff also hinein und brachte allerdings nichts als todte Mäuse heraus. Da lachten ihn seine beiden Gefährten nicht wenig aus, versprachen ihm aber, Niemandem ein Sterbenswörtchen davon zu verrathen.

Der Bauer aber hat gleichwohl noch keine Ruhe gehabt über die brennenden Kohlen, er hat gemeint, es sei doch ein Fehler gewesen, daß er statt des Goldes Mäuse nach Hause gebracht, er hätte einige Körnlein Salz bei sich haben und auf die Kohlen werfen sollen, dann hätte das Gold nicht verschwinden können. Er ist also die nächste Nacht wieder hingeritten und hat genau an derselben Stelle, die aber den Tag über grasgrün gewesen ist, das Feuer brennen sehen. Er ist also wiederum hingeritten, hat Salz auf die Kohlen geworfen, soviel er davon hat zusammenraffen können, in die Taschen gesteckt und im Galopp wieder nach Hause geeilt. Er hat auch unterwegs keinen Laut von sich gegeben, hat auch Niemandem begegnet, so daß also nun unfehlbar eigentlich nichts im Wege stand, daß er richtig den Schatz mit nach Hause brachte; allein als er zu Hause anlangte, hatte er immer nur wieder Kohlen in der Tasche, allerdings gemischt mit einigen schwarz gewordenen Schillingen. Diese haben gleichwohl seinen Ruin herbeigeführt, denn statt sich zu überlegen, ob er selbige nicht vielleicht vorher in der Tasche gehabt hat, glaubte er, sie seien nur die Vorboten größerer Schätze, er ist also alle Nächte hingeritten, hat dabei seine besten Pferde halb zu Tode geritten, und seine Wirthschaft ist auch dabei zu Grunde gegangen, denn am[501] Tage hat er doch schlafen müssen. Endlich ist er aber einmal gar nicht wiedergekommen, nur seinen Hut haben die Leute im Schmachter See wiedergefunden. Dort wird er wohl, vom Teufel irre geführt, ertrunken sein.

78

So ruft nämlich der wilde Jäger in Pommern [s. Arndt Bd. I. S. 336 etc.])

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 500-502.
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