591. Wie einer fremdes Gut in seinem Hause hatte und es einem geizigen Pfaffen wiederbrachte.

[571] (S. Hennenberger S. 476.)


In Preußen ist im großen Kriege ein Schiffer außer Landes gewesen und als er nach Beendigung desselben nach Danzig nach Hause kam, findet er sein Weib in Wochen liegen, was ihn sehr verdroß. Die Frau mußte nun bekennen, wo sie das Kind her habe, sie klagte, es sei ihr sehr schlecht gegangen, sie habe Zins, Geschoß und Anderes hergeben müssen und zuletzt ihr Silberwerk bei einem Pfaffen versetzt und sei so mit diesem bekannt geworden, sie bat aber ihren Mann, demselben nichts zu Leide zu thun, denn hätte sie mit diesem nichts zu thun gehabt, hätte sie verhungern müssen. Der verspricht es ihr auch, geht hin zu dem Pfaffen und beichtet ihm und sagt, er habe einen fremden Schatz von großem Geldeswerth in seinem Hause, wisse aber nicht, was er damit machen solle, damit es nicht seiner Seele schade. Der Pfaffe bedachte sich kurz und sagte, er solle ihn nur bringen, er wolle schon ihn so anlegen, daß er weder ihm noch seiner Seele schade. Der Schiffer geht nach Hause, heißt seiner Frau, das Kind hübsch baden und einwickeln, denn er solle es dem Pfaffen bringen, und als er es unter seiner Kappe hinträgt, findet er denselben mit seinen Gesellen zechen! Der spricht: »Schiffer, bringt Ihr mir das?« Er spricht: »Ja.« Da sagt der Pfaffe: »Gut, legts nur hinter dem Vorhang auf mein Bett.« Der Schiffer thuts und geht ab, bald darauf fängt das Kind aber an zu weinen, da merkt der Pfaffe den Betrug und sagt in der Trunkenheit seinen Gesellen Alles, erläßt der Frau ihre Schuld und giebt ihr auch das Silberzeug wieder, daß sie nur das Kind wieder nimmt.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 571-572.
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