660. Wie sich ein böser Tyrann selbst verbrannt hat.

[614] (S. Hennenberger S. 430.)


Als das deutsche Ordensheer vor Schwetza in Pomerellen lag, ist auch ein Ordensbruder Seifried Herr von Weißenfels, Komthur auf Graudenz, dabei gewesen, der hatte nur einen Gedanken, wie er recht viele Polen henken könne, und sein Gesinde that auch nichts anders. Einst lud er einem Pferde sehr viele Stränge auf und schwur, er wolle nichts essen, bevor er nicht an jedem Strange einen Polen aufgehängt habe, wie er denn auch gethan hat. Nach der Mahlzeit rühmte er sich, als die Obersten bei einander am Feuer saßen, seiner That und sie lachten darüber, wie sich die Polen hierzu angestellt hatten. Nach einer Weile fragte er: »wo denn die Seelen der Polen, welche er gehangen hätte, blieben oder hinkämen?« Der eine sagte dies, der andere das. Da sagte er: »Weil Ihr mir es nicht sagen könnt, und mich darüber nicht berichten, so kann ich nicht eher ruhen, bis ich solches erfahre«, und so sprach er: »Aus diesem Feuer in jenes Feuer, daß ich meine Polen sehe«, damit sprang er ins Feuer und verbrannte wie ein Bund Stroh.

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Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 614.
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