672. Der Kamsvikus.

[620] (S. Preuß. Prov.-Bl. 1837 S. 228. Temme S. 169. Poetisch beh. b. Becker u. Thiele a.a.O. S. 1 etc.)


Unfern Insterburg an dem rechten Ufer der Angerapp, nicht weit von deren Vereinigung mit der Inster erhebt sich jäh ein ziemlich bedeutender Berg, der sogenannte Kamsvikus. Er besteht aus einem fast felsenharten Erdreich, niedriges Gestrüpp bedeckt ihn und noch findet man hier beim Stechgraben zerbrochene metallne Kronen, kleine Ringe, Korallen etc. als Spuren einstiger Bewohnung. Schon vor der Ankunft des Ordens hat hier ein Schloß gestanden, dessen Besitzer ihm und dem Berge seinen Namen gegeben haben soll. Er hieß Kamsvikus und war ein harter und grausamer Mann, der seine Unterthanen aufs Härteste schund. Seine Frau ließ ihn zuletzt fesseln und in den untersten Gewölben des Schlosses einmauern. Sie selbst aber war um nichts besser, ihr Leben war noch frevelhafter und noch grausamer verfuhr sie gegen das Volk. Da sollen endlich die Götter im Zorn Feuer vom Himmel haben regnen lassen und die Burg versunken sein. Sie selbst, obwohl mit begraben, fand jedoch keine Ruhe. Sie ward verdammt in Gestalt einer schwarzen Kuh, welche ihr in eine schwarze Wildkatze verwandelter Mann vor sich herjagt, umzugehen. Nach Anderen aber schweift sie als Gespenst durch die Wälder und ein schwarzer Ritter, der eine Geißel schwingt, treibt sie vor sich her. Beide hatten einen Sohn zusammen gehabt, der oft zwischen seine Eltern trat, wenn sie sich an ihren Unterthanen vergreifen wollten. Bei einer solchen Gelegenheit kam er aber ums Leben. Man begrub ihn am Fuße des Berges, ein 25 Fuß langer und 24 Fuß breiter Stein deckt sein Grab, auf demselben aber hatten die Umwohner später ein eisernes Kreuz aufgerichtet, welches jetzt zu Insterburg in der Kirche ist.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 620.
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