824. Das graue Haus zu Winkel und die Ratten.

[725] (Poetisch beh. v. Henninger Bd. II. S. 62 etc.)


Der gelehrte Erzbischof von Mainz, Rhabanus Maurus (seit 847) erkor sich später das Städtchen Winkel zum Landsitze, woselbst er auch am 4. Februar 856 im Rufe der Heiligkeit in dem sogenannten Grauen-Hause starb. Er zeichnete sich besonders 850 bei der großen Hungersnoth im Rheingau aus, wo Mütter mit den Kindern auf den Armen, ohne die Schwelle des frommen Wohlthäters zu erreichen, todt niedersanken und man den noch lebenden Säugling an der Brust der verhungerten Mutter hängen fand. Man schreibt diesem Heiligen auch das Verdienst zu, daß auf seine Fürbitte der Rheingau von Ratten und Mäusen befreit blieb und das gläubige Volk, selbst aus entfernteren Gegenden, suchte sie mit Erde oder Mörtel von jenem Hause oder Stücken vom Altarsteine seiner Kapelle zu vertreiben. Freilich erzählt ein alter Chronist, ein geborener Winkler habe ihm erzählt, wenn im Stroh oder mit andern Sachen eine Ratte aus den Schiffen im Rheingau mit aufs Land gebracht werde, laufe sie gleich wieder in den Rhein, jedoch blos deshalb, weil sie wisse, daß sie sich in jener Gegend nicht ernähren könne.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 725.
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