1063. Hexen zu Glandorf.

[868] (S. Kuhn a.a.O. Bd. I. S. 80 etc.)


Ein Mann aus Glandorf bei Iburg erzählte, wenn man im Schlafe keine Luft bekommen kann, so sagt man hier: »Die Hexen haben ihn unter.« War nun auch einmal einer, der oft damit geplagt war, da rieth man ihm, er solle einen Eimer nehmen, ein Licht hineinstellen und dann ein Bret darüber decken; käme dann die Hexe wieder, so solle er nur das Bret fortziehen, dann könne sie nicht mehr zurück und wenn er dann schnell das Loch, durch welches sie gekommen sei, verstopfe, so sei sie gefangen. So machte er es denn auch, und siehe da, es war ein schönes Frauenzimmer, weit her aus den Niederlanden. Die hat er darauf geheirathet und lange mit ihr glücklich gelebt, bis er einmal ihren Bitten nachgegeben und ihr das Loch gezeigt hat, durch welches sie hereingekommen war. Da ist sie augenblicklich wieder verschwunden und hat sich nie wieder sehen lassen, nur jeden Satertag haben drei reine Hemden für ihn und seine Kinder dagelegen.

Diese Hexen haben früher Manchem hier arg mitgespielt, so namentlich dem alten Hendrik. Den führten sie oft in die Irre und thaten ihm sonst[868] einen Schabernack an, und wenn er dann gar nicht wußte, wo er war, riefen sie ihm lachend zu: »Hendrik, siehst Du wo Du bist?« So ging's ihm auch einmal, als er Abends mit einem Schinken heim wollte; da fand er nämlich eine ganze Gesellschaft bei einem Feuer sitzen, und alsbald zogen sie ihn in ihre Mitte, ließen ihn niedersitzen und hingen den Schinken über das Feuer. Am andern Morgen aber fand er sich in seinem Bette, ohne daß er wußte, wie er nach Hause gekommen sei, darum ging er noch einmal an diese Stelle, um doch zu sehen, was aus seinem Schinken geworden sei. Als er hinkam, war weder vom Feuer noch vom Schinken eine Spur zu finden, wohl aber fand er den Ort, wo er gesessen, und ringsum im Schnee waren zahllose Spuren von Katzenpfötchen zu sehen.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 868-869.
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