1226. Der Karlstein bei Rosengarten.

[998] (S. Petersen in d. Jahrb. f.d. Landeskunde d. Herzogth. Schleswig-Holstein und Lauenburg. Kiel 1866 Bd. VIII. S. 175 etc.)


Zwischen den kleinen Bächen, die sich bei Harburg in die Elbe ergießen, und der Este bei Buxtehude erstreckt sich eine Hügelkette von meist wasserlosen Thälern durchschnitten. Sie ist noch jetzt größtentheils mit Wald bedeckt und führt in verschiedenen Theilen verschiedene Namen. Harburg zunächst liegen die schwarzen Berge, dann folgen die Ebenen, der Haake im Kolken und der Stuvenwald. Ungefähr wo die beiden letzten sich begrenzen, eine gute Meile westlich von Harburg im Amte Moisburg, liegt das Försterhaus Rosengarten, fast in der Mitte zwischen den Kirchdörfern Elstorf und Nenndorf und davon fast eine halbe Meile weiter westlich am Rande des Stuvenwaldes auf einem hervorragenden Hügel, der eine weite Aussicht ins Land gewährt, auf die Elbe und in einzelnen Durchblicken auf das rechte Elbufer und weit in Holstein hinein, der sogenannte Karlstein. Derselbe ragt jetzt 7 Zoll aus der Erde empor, ist fast 7 Zoll breit, 3-5 Zoll dick, unten 8, wo er am dicksten ist, 21 Zoll im Umfange. Die Seite, mit der er den Boden berührt, ist platt, oben wo er in eine Kante ausgeht, findet sich ein[998] Einschnitt, der aber etwas gekrümmt, den Schichten des Steins folgt und durch Verwitterung entstanden zu sein scheint. An der obern Fläche des Steins, die, von den Einschnitten abgesehn, ziemlich eben ist, finden sich vier hufeisenförmige flache Vertiefungen, die allerdings unverkennbar von Menschenhänden eingehauen sind. Sie sind mit der geschlossenen Seite gegen einander gekehrt. In einigen Vertiefungen am untern Theile des Steines will man Händespuren erkennen. Ueber diesen Stein giebt es folgende Sage.

Nachdem Karl der Große in der Gegend von Buxtehude von den Sachsen geschlagen worden war, ließ er sein Heer zwischen dem sogenannten Rathsholze und dem Stuvenwalde ein Lager beziehen, stieg auf einen Berg, um die Gegend zu überschauen und fiel, von den Anstrengungen des Tages ermüdet, in einen tiefen Schlaf, nachdem er zuvor bei Todesstrafe verboten hatte, ihn zu wecken. Unterdeß rückte das Heer der Sachsen heran. Als die Gefahr immer größer ward und Niemand wagte den Kaiser zu wecken, kam einer auf den Gedanken, seinen treuen Hund auf ihn zu werfen. Als nun der erwachende Kaiser erzürnt fragt, wer sein Verbot übertreten habe, erzählt man ihm, der Hund sei beim Verfolgen des Wildes auf ihn gesprungen. Um sein Wort zu lösen, erschlägt er den Hund, wird aber zugleich die heranziehenden Sachsen gewahr. Voll Zorn schwört er nun, so gewiß er mit seinem Rosse hin und zurück über den Stein setzen und ihn mit dem Schwerte spalten werde, eben so gewiß werde er auch mit Gottes Hilfe und zu dessen Ehre die Sachsen schlagen und vernichten. Der Kaiser läßt nun einen Theil des Heeres durch den Wald ziehen, um den Feinden den Rückzug abzuschneiden, mit dem andern Haupttheil stellt er sich selbst zu beiden Seiten des Thales auf, durch welches die Sachsen angezogen kamen. Diese, durch den errungenen Sieg sicher gemacht, gehen in die Falle. Die Franken werfen sich von allen Seiten auf ihre ungeordneten Heereshaufen. Was hier übrig bleibt, fällt der in ihrem Rücken aufgestellten Abtheilung in die Hände und das ganze Heer der Sachsen wird aufgerieben. Der sogenannte Ortstein (rothgefärbter Thoneisenstein) bei dem Dorfe Grauen in der Nähe des Karlsteins ist aus der mit dem Blute der Sachsen getränkten Erde entstanden. Nach der Schlacht ist der Kaiser mit dem Heere tiefer in die hügelige Waldgegend gezogen und hat sein Lager nicht weit vom Dorfe Langenrehm aufgeschlagen. Zirkelrunde Vertiefungen in der Heide von 10-20 Zoll im Durchmesser und 3-4 Zoll tief, noch jetzt mit einem Erdwalle umgeben, zeigen die Stelle des Lagers.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 998-999.
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