1255. »Aus König Gottfrieds Zeiten.«

[1029] (S. Johansen S. 246.)


Wenn man in Nordfriesland ein altes niedrig gebautes Haus sieht, dessen Thüre im Norden angebracht ist, hört man noch heutigen Tages gewöhnlich den Ausspruch: »Das Haus stammt aus König Gottfrieds Zeiten.« Die Sage berichtet nämlich, König Gottfried habe, nachdem er die Friesen um 795 besiegt, seinen Bruder Siegfried über sie gesetzt. Dieser habe aber den steifnackigen Friesen, um sie im Gehorsam und in der Unterwürfigkeit zu halten, befohlen, die Thüren ihrer Häuser im Norden anzulegen und so niedrig zu machen, daß sie genöthigt wären, sich jedesmal nach Norden zu bücken, wenn sie ausgingen. Da die Friesen aber einen sehr steifen Nacken hatten, brachten sie an der entgegengesetzten Seite ihrer Häuser solche Thüren an, die sie Ebberthüren nannten, und diese wurden geöffnet, wenn Freudenfeste gefeiert wurden, waren auch hoch und breit genug, daß der edle freie Friese, die friesische Frau im breiten »Schist« und »Korl« an der Seite, ohne sich zu bücken, aus- und eingehen konnte.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 1029.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Sagenbuch des Preußischen Staats
Sagenbuch des Preußischen Staats: Erster Band
Sagenbuch des Preußischen Staats: Zweiter Band
Sagenbuch des Preußischen Staats: Erster Band
Sagenbuch des Preußischen Staats: Zweiter Band