1273. Der Ursprung der Friesen.

[1040] (S. Heimreich Bd. II. S. 38.)


Die Friesen sollen aus einer Landschaft stammen, so in Indien am Flusse Ganges lag, welche von Plinius Rasia, von Curtius Pharrasia, von Suffridus Petri Fresia, von Cornelius Campensis aber Frisia genannt wird. Sie erzählen, daß Freso und dessen Brüder Saxo und Bruno, neben ihrer Gesellschaft aus diesem Vaterlande wegen der Tyrannei des Agrammis, der die rechtmäßigen Erben aus dem Königreiche vertrieb, sich zu Alexander dem Großen begeben, der sie in Bestallung genommen und bei dem Aemodischen Gebirge wider die Indier in Besatzung gelegt hat. Da nun aber Alexander der Große den König Darius überwunden hatte und sich nun vornahm, mit dem indischen Könige Porus einen Krieg anzufangen, so sind sie wieder in ihr Vaterland gereist. Weil aber an dem Orte noch Alles ruhig gewesen und inzwischen Alexander des Todes verblichen, seine Fürsten unter einander über die Nachfolge gestritten haben, haben sie in ihrem Wohnsitze theils neue Schiffe bauen lassen, theils auch die von fremden Orten in dem Kaspischen Meere bei ihnen ankommenden Schiffe angehalten und also eine Schiffsflotte von 300 Schiffen zusammengebracht, damit sie im Jahre d.W. 3640 oder 3619 durch das Kaspische Meer gefahren, nach Armenien und so ferner durch das Euginische Meer in das Mittelländische gekommen sind. Sie sind auch weiter zwischen Europa und Afrika hingesegelt, um Spanien und Frankreich herumgeschifft und endlich, nach achtjähriger Reise, und nachdem sie 246 Schiffe verloren, ins Vlie gekommen, dort sind von den übrigen 54 Schiffen 24 mit ihrem Führer, dem Friso geblieben, der dann mit seinen Völkern ans Land gegangen ist, die andern aber sind weiter fortgeschifft, und deren 18 in Preußen und 12 in Rügen angelangt. Demnach sie nun, besagter Maßen 3648 (oder 27) v. Chr. Geb. im Herbste des 313. Jahres zu Lande getreten und gefunden haben, daß die Schwaben dieselben Oerter wegen Ergießung der Wässer verlassen hatten, haben gleichwie diese Schwaben zuvor die Alanen, also sie hinwieder die annoch daselbst übrigen Schwaben vertrieben und sich daselbst um die Gegend des Fließ (welche ein Ausfluß des Rheins ist, lateinisch Flevum heißt, im Niederländischen aber Vlie, und nicht vom Wasser Flene, daran Flensburg gebauet ist, wie von Andern geschieht, verstanden werden darf) 13 Jahre bei einander aufgehalten, hernach aber sich getheilt. Also ist Saxo mit den Seinigen nach Osten in das Land Hadeln gezogen, und hat sich um Stade und Bardewyck niedergelassen, Bruno aber ist an der Weser geblieben, hat Braunschweig erbaut und sich gewaltig vermehrt, mit Freso aber haben eben an dem Orte, da er ans Land getreten, die deutschen Fürsten ein sonderlich Gedinge aufgerichtet, daß er[1040] diese Oerter ewiglich besitzen, dagegen aber die Deiche bei Macht halten und alle Seeküsten schützen sollte, weshalb sie auch mit sonderlichen Privilegien versehen worden sind.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 1040-1041.
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