1295. Die Uebertragung der Gebeine des h. Vicelin nach Bordesholm.

[1053] (S. Westphalen, Monum. Ined. T. II. praef. p. 33. Jahrb. f. Schleswig-Holstein Bd. V. S. 81.)


Im Jahre 1332 haben der Abt des Klosters Bordesholm und seine Mitbrüder in Christo beschlossen ihr Kloster an den Ort zu verlegen, wo es jetzt noch ist, nahmen sich aber vor, die Gebeine des h. Vicelin mit dorthin zu nehmen, weil sie allerdings mit Recht glaubten, daß ohne dieselben ihre neue Wohnstätte fast gänzlich verlassen sein werde. Sie machten sich also daran, die Gebeine des Heiligen auszugraben. Als sie nun so tief gegraben hatten,[1053] daß sie auf dieselben stießen, so fanden sie das Fleisch des Körpers allerdings gänzlich von der Verwesung verzehrt, die Gebeine aber völlig unverändert in dem seidenen Umhang, in welchem der Leichnam als der eines Bischofs in die Erde gelegt worden war. Wie sie nun aber diese Gebeine aus der Erde herausnehmen wollten, da begab es sich, daß die göttliche Majestät den Körper so schwer machte, daß er nicht von der Stelle gerückt werden konnte, mochten auch alle Anwesenden zusammen ihre Kräfte vereint dazu aufbieten, geschweige, daß man ihn hätte fortschaffen können. Da thaten sie denn das Gelübde, daß wenn der Körper des Heiligen sich fortbringen ließe, sie an jedem Jahrestage seiner Fortschaffung allen in ihr Kloster Kommenden eine Festspeisung bereiten lassen wollten. Augenblicklich legte der Körper seine geheimnißvolle Schwere ab und ließ sich auf einem Wagen forttransportiren und seit diesem Tage empfingen dann alle in das Kloster bei der Wiederkehr des jedesmaligen Stiftungsfestes kommenden Armen ein besonders zu diesem Behufe gebackenes Brod und eine kleine Silbermünze.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 1053-1054.
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