1343. Die Ofensteine bei Alversdorf.

[1084] (S. Müllenhoff S. 281.)


Zu Osten Alversdorf in Süderdithmarschen liegt ein Stück Ackers, von Alters her der Brutkamp genannt, auf welchem in der Mitte sich ein kleines Gehölz befindet um einen Hügel. Darin ist eine Höhle, die von fünf großen Steinen gebildet wird; einer liegt oben darüber. Man kann auf der westlichen Seite hineinkriechen und ein Mann kann vollkommen darin stehen. Dieser Stein heißt der Abensteen d.i. Ofenstein. Vor Zeiten haben die Unterirdischen darin gewohnt. Darum mußte jeder, der vorüber ging, entweder[1084] jedes Mal oder zum Wenigsten doch das erste Mal etwas da zurücklassen, wenn es auch nur ein Bändchen, oder ein Senkel wäre. Jedem, der einen Sechsling in die Höhle opferte, soll, wenn er eine Strecke vorwärts gegangen, immer ein kleines Brod vor die Füße gelegt worden sein.

Ein anderer eben solcher Ofenstein lag nicht weit von Alversdorf, zwischen Schrum und Arkebeke, in der Gegend der Quelle der Gieschau. Wer des Morgens zuerst kam und ihn ausfegte, der fand jedes Mal einen Sechsling oder ein anderes Geldstück darin. Hirten haben das oft erfahren.

Es haben die Unterirdischen, die sich hier aufhielten, oft von den Leuten allerhand Gefäße, Töpfe und Kessel geborgt, und sie jedes Mal wieder an ihren Ort gebracht. Als aber die Glocken aufkamen, sollen sie gewichen sein. Da mußten ihnen die Arkebeker Ochsen leihen, damit sie ihre Sachen fortbrächten; man fand die Ochsen am andern Tage frühmorgens in vollem Schweiß auf der Hofstätte stehen. Für das Fahrlohn aber haben die Leute im Dorfe noch heutigen Tages dieses, daß ihr Vieh keine ansteckende Seuche bekommt, auch nicht, wenn Lungensucht ist. Wenn solch ein krankes Vieh ja einmal ohne Vorwissen im Dorfe gekauft wird, so klebt die Seuche bei den andern dennoch nicht.

Auf Morsumkliff auf Sylt findet man in großer Menge allerlei Schmiede- und Töpferarbeiten in Gestalt von Röhren, Dosen, Kugeln, Töpfen etc. Man nennt sie auf Sylt Oennererskpottjiig, auf Amrum Traaldaasker, weil die Unterirdischen sie verfertigen.

In Holstein glaubt man, daß der aus den Urnen der alten Gräber gesäete Same auf Aeckern und in Gärten besser gedeihe, als irgend ein anderer. Die Milch wird fetter, wenn sie in solchen Töpfen steht und giebt mehr Butter. Läßt man die Hühner aus ihnen trinken, so werden sie nicht krank. Man hüte sich einen solchen Topf muthwillig zu zerschlagen. Bei Hemmingstede liegen Berge, darunter einer, der der höchste war, unten ringsum von gewaltigen Steinen umgeben. Als man nun die Steine verführte, spaltete und verbaute, ward ein Keller aufgegraben, darin fand man ein Stück von einem kupfernen Schwerte und einen Topf mit kleinen Knochen. Einer schlug nun den Topf entzwei, darüber kam er ganz von Sinnen. Als man deswegen andere Leute um Rath fragte, haben sie geantwortet: »Were de Pott ganz gebleven, so were Rat, nu averst nicht.« Man meinet, sie wären auf ein anderes Feld gezogen.

Im Gute Dollrott in Angeln ist ein Hügel, wenn man sich darauf schlafen legt, hört man darunter die Geister arbeiten. Ebenso kann man in dem großen Struckberg bei Heiligenhafen zu gewissen Zeiten, wenn man das Ohr darauf legt, es hämmern und pochen hören, wie in einer Schmiede. In ihm liegen auch Schätze verborgen. Oft sieht man auch in der Nacht auf ihm ein Licht brennen.

Die Onnerbänkissen auf Amrum haben besonders in dem Fögedshoog bei den Dünen ihr Wesen. Da hat man sie Abends im Mondenschein ringsherum tanzen und bei Tage ihre Wäsche darauf ausbreiten sehen. Auf dem Wasser Merum haben sie im Winter auch Schlittschuh gelaufen. Einem übermüthigen Mann fiel es ein ihre Wohnung zu zerstören, er grub tief in den Hügel hinein und glaubte schon, die Kammern der Onnerbänkissen gefunden zu haben, als er zu seinem Schrecken gewahrte, daß sein eigenes Haus in Flammen stehe. Schnell warf er Spaten und Hacke fort und lief[1085] dem Dorfe zu, da fand er aber, daß es nur eine Täuschung gewesen war. Doch den Schrecken ließ er sich zur Lehre dienen und Niemand hat seit der Zeit die Onnerbänkissen in Fögedshoog wieder beunruhigt.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 1084-1086.
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