An seine Magdalis

[57] Das Glücke muß vorwahr mich als sein Schooskind lieben

Und das Verhängnüß mich zu quälen müde seyn,

Weil du, getreues Kind, mir nach so mancher Pein

Dein unverfälschtes Herz zum Eigenthum verschrieben.


Mein Schif, das Wind und Meer an manchen Fels getrieben,

Lauft den Vergnügungsport mit vollen Seegeln ein,

Und meine Hofnung kan sich schon im Geiste freun,

Nachdem dein freyes Ja den Zweifel aufgerieben.


Versiegle nun den Bund durch einen feuchten Kuß,

Bis dich des Priesters Hand mir völlig überreiche,

Und glaube, daß mich selbst der Himmel strafen muß,

Wofern mein Wanckelmuth dein Bild in mir verstreiche.


Drum liebe nur getrost; denn die Beständigkeit

Würckt mir den Hochzeitrock und auch das Leichenkleid.

Quelle:
Johann Christian Günther: Sämtliche Werke. 6 Bände, Band 1, Leipzig 1930, S. 57-58.
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