Fünfter Auftritt

[74] Frank. Dann Eisenstein.


FRANK allein. Der Herr Marquis Renard wird schon ungeduldig. Was soll ich machen? Ich muß ihn hereinlassen auf die Gefahr hin, daß die Sache mit einer ungeheuren Blamage für mich endet. Öffnet die Tür.

EISENSTEIN tritt ein. Ist's möglich, teurer Chevalier, dich find ich hier? Bist du wegen nächtlicher Ruhestörung arretiert worden?

FRANK. Erst sag mir, lieber Marquis, was du hier zu tun hast?

EISENSTEIN. Ah, du bist beim Tee, das kommt mir sehr apropos. Du erlaubst schon! Setzt sich.

FRANK. Bitte, bediene dich ungeniert. Tu, als ob du zu Hause wärst!

EISENSTEIN. Das bin ich eigentlich jetzt auch!

FRANK. Du hier zu Hause? Das könnte ich doch wohl eher von mir behaupten.

EISENSTEIN. So sag mir doch endlich, was hast du denn getrieben, daß du hier eingesperrt wurdest, Chevalier?

FRANK. Ich bin ja gar nicht eingesperrt!

EISENSTEIN. Zum Henker, was machst du dann aber hier?

FRANK. So hör denn, ich muß endlich die Wahrheit bekennen; ich bin nicht der Chevalier Chargrin, sondern heiße Frank und bin Direktor dieses Gefängnisses![74]

EISENSTEIN. Haha, ein guter Spaß! Ein prächtiger Spaß, haha!

FRANK. Kein Spaß, sondern bitterer Ernst!

EISENSTEIN. Mein Gott, Chevalier, bist du denn noch so arg betrunken, daß du dir wirklich einbildest, hier Gefängnisdirektor zu sein? Nimm noch eine Tasse Tee!

FRANK. Keiner mehr da: kein Tee, kein Chevalier!

EISENSTEIN. Geh, Bruder, geh; du willst mich zum besten haben!

FRANK. Du zweifelst daran? Läutet. Sollst dich gleich überzeugen!


Quelle:
Johann Strauß: Die Fledermaus. Text nach H. Meilhac und L. Halévy von C. Haffner und Richard Genée, Stuttgart 1976, S. 74-75.
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