(XXX.)

Der listige Ehebrecher.

[100] Der Schönheit schöner Tod / welchen H. Belleus hieher gesetzt / ist zu lesen in dem grossen Schauplatz der Lust- und Lehrreichen Geschichte: Ist aber hier ausgelassen worden / weil derselben Ausgang frölich. Daß die Liebe kein einfältiges Kind / sondern ein listiger Schalcksknecht / hat erwiesen Alfonso ein reicher von Adel zu Lißbona in Portugal wie aus nachgesetzter Geschicht zu ersehen.

2. Gonsalva eine Jungfer vornehmen Stands und treflichen Verstands hatte wegen ihrer Schönheit viel Buler / unter welchen vorernanter Alfonso der verliebtsten einer: endlich aber zu einem Freyer Roderico einen von den trefflichsten Rittersleuten in gantz Portugal. Nach den sie nun in friedlicher Ehe mit einander leben / unterlässet Alfonso nicht der Gonsalva wie zuvor / aufzuwarten / und deßwegen Freundschafft zu Roderico zu suchen.[100]

3. Gonsalva vermerckte wol was Alfonso in dem Sinn / und sagte ihm auf eine Zeit mit deutlichen Worten / daß sie nunmehr einem vertrauet / und deßwegen Ursach habe allen andern Mannspersonen zu mißtrauen: Sie sey Roderico verbunden / und möge er freyen die noch mit dergleichen ehlichen Pflichten nicht verhafftet / etc. Hieraus konte Alfonso leichtlich den Schluß machen / daß mit gutem Willen nichts zu erlangen / bedencket sich deßwegen auf folgende List sein Ehebrecherisches Vorhaben in das Werck zusetzen.

4. Roderico hatte viel und sehr schöne Spanische Pferde / theils zu seinem Lust / theils auch mit Gewinn dieselben von seiner Stüderey zu verkauffen. Alfonso bittet den Stallknecht / er solte ihn eine Nacht in seinem Stall / im Heu liegen lassen / er wolle ihm ein par Ducaten verehren. Der Stalknecht weiß nichts von seinem Anschlag / nimmt das Geld / und lässt es geschehen. Zu Nachts macht Alfonso die Pferde ledig / welche einander schlagen und ein solches Getümmel anrichten / daß Roderico erwacht / aus dem Bett springet und die Pferde wiederumb in die Halfftern zu bringen bemühet ist.

5. Inzwischen hatte sich Alfonso verborgen / und so bald er hörete daß Roderico aus dem Nest / macht er sich stillschweigend zu der halbschlaffenden Gonsalva / und vollbringt mit ihr seinen sündlichen Willen. Als er nun wieder aus dem Bette eilet / sagt die unwissende Ehebrecherin: Mein Schatz / ihr habt euch erhitzt / und werdet nun erkalten. Alfonso aber beantwortet diese Erinnerung nicht / sondern stellet sich als ob er wegen der Pferde / die eben wiederumb zu schreyen und zu rasen anfingen / auffstünde.

6. Nach dem Roderico mit seinen Knechten die Pferde wieder in ihren Ort gebracht / kehret er auff sein Lager / findet Gonsalva schlaffen / und Alfonso gehet morgens seinen Weg. Wie die Pferde loß kommen kan man nicht wissen. Roderico glaubt daß sie verzaubert worden: der Knecht hatte wol den[101] Argwohn daß Alphonso Schuld an dieser Unruhe gewesen / dorffte aber nichts sagen / daß er ihn eingelassen.

7. Dieser Meuchellistige Ehebruch were verschwiegen geblieben / wann Alfonso schweigen können /und ihme selbsten / vielleicht auß Gottes sonderbarer Schickung / die Straffe nicht auf dem Hals gezogen. Gonsalva stehet morgens auf / und antet weiß nicht was: sie erblast für ihren Spiegel / und wil ihr Traurigkeit aus dem Sinn schlagen / kan es aber nicht thun / weil ihr ein fast unbekanter Traum in den Gedancken schwebt / der ihr die Thränen aus den Augen presset.

8. Dieses Sinnes gehet sie ihrer Gewonheit nach zu der Kirchen / Messe zu hören. Alfonso giebt ihr nach Gebrauch das Weywasser / mit den Worten: Mein Schatz / ihr habt euch erhitzet / und werdet nun erkalten: spottet also mit lachendem Munde der betrognen Gonsalva. Ob sie sich über diese Wort / deren sie noch eingedenck / entsetzet / ist unschwer zu ermessen. Sie bildet ihr vor welcher gestalt es verwichene Nacht müsse hergegangen seyn / und fragt ihren Eheherren so bald sie nach Hause kommen / ob er zweymal aufgestanden die Pferde zu stillen / etc. Als er nun mit nein geantwortet / wird sie in ihrem Argwohn versichert und gedencket Rache zu üben / an den Meuchelmörderischen Ehrenschänder Alfonso.

9. Es fügte sich daß Alfonso Gonsalvam begegnet /und sie ihn mit freundlichen Worten in ihre Behausung ruffte / mit ihm in geheim zu reden. Alfonso vermeint / daß er künfftig bey Gonsalva / wegen geleister Probe / werde angenehmer seyn / und findet sich bey ihr ein. Als sie ihm nun ob vorerzehlter That zugesprochen / hat er sich damit gerühmt / und solche keines weges abgeleugnet.

10. Hierüber ergrimmet Gonsalva aus rechtmässigem Zorn / und stösset Alfonso mit einem Stillet /welchen sie zu solchem ende bey sich hatte / durch[102] das Hertz / daß er also bald zu boden fället / und von ihr weg getragen werden müste: ja so lang ein leben an ihm zu verspüren / hat sie nicht unterlassen die Stiche zu häuffen.

11. Roderico kommet zu dieser Rache und höret an die Ursache solches Grimms / bringet die Sache für die Obrigkeit / der Knecht wird abgehört / das verbrechen durch deß ermordten unzeitiges rühmen von andern auch bezeuget / und Gonsalva von aller Straffe frey und ledig gesprochen.

12. Diese Heldin lässet sich etlicher massen mit der Judith vergleichen / ist zwar zu keiner Nachfolge zu ziehen: aber doch zu Vergewisserung anzuführen /daß Gott das übel so im verborgen geschiehet / offentlich zu straffen pfleget: und wann es auch hier zeitlich nicht geschihet / bleibet doch ein böses Gewissen /welches zu der Todesstunde auffwachet und den Ubelthäter verdammet.


13. Gonsalva Grabschrifft.


Der mich schändlich hat betrogen hab ich aus gerechtem Grimm

Durchgestochen: mich gerochen /

Daß er nun mit allen Todten harrt deß letzten Richters Stimm.

Nach dem Leben wird man geben

Meinem Grab die Lilien Blum /

Mir der Keuschheit Ehren Ruhm.

Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer: Der Grosse Schau-Platz jämmerlicher Mord-Geschichte. Hamburg 1656, S. 100-103.
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