(LXXV.)

Das Gespenst.

[246] Den letzten Aufzug dieses dritten Theils / sol auf den Schauplatz bringen ein Gespenst / welches zwar abscheulich und fast nicht glauben finden wird / jedoch warhafftig erschienen / wie solches Herr Obr. Dod mit Bejahung jüngst verstorbenes Königs in Schweden preißwürdigsten Angedenkens / ümständig erzehlet /und für denkwürdig erachtet worden / bey der Frage: Ob alle Gespenster Teuffelswerke weren?

2. In der Haubtstatt deß Königreichs Schweden Stockholm / hat sich begeben / daß ein Fleischhacker oder Metzker daselbst / sich in seine schöne Dienstmagd verliebet / welche aber so bedachtsam / daß sie in seinen sündlichen Willen nicht willigen wollen / es sterbe dann sein Weib / und daß er sie ehliche / und zu Kirchen und Strassen führe. Weil aber die Alte nicht fahren wolte / massen nach dem Sprichwort /viel darzu gehöret / biß ein altes Weib stirbet / fället ihm die Nachwart zu lang / daß er auf Mittel bedacht ihr der Marter abzuhelffen.

3. Er lässet einen Sarg machen / weil damals die Pest regierte / und zerspaltet dem schlaffenden Mütterlein das Haubt mit seinem Schlachtbeil / mit welchem er die Rinder zu schlachten pflegte / legte sie in den Sarg / mit vorgeben / sie were eiligst an der Pest gestorben. Nach deme sie nun zu der Erden bestattet /hat er ihme die Magd trauen lassen / und ist solcher Mord niemand als dem Thäter bewust gewesen.

4. Es befande sich aber ein erschröckliches[246] Gespenst in dem Hause / welches diesen Mann verunruhiget / und endlich aus dem Hause getrieben / weil er vor diesem Schreckenbild nicht schlaffen können. In einer andern Behausung / welche er gemiedet / und diese öd siehen lassen / hat er zwar geruhet / jedoch nicht ohne heimliche Gewissens Plage / welche bey so vorsätzlichen Sünden selten lang aussen bleibet.

5. Es fügte sich nach gehends / daß ein Reichstag zu Stockholm außgeschrieben wird / und eine adeliche Wittib in Beschäfftigung einer Rechtssache /dahin verraiset / und wegen der menge Volks keine Herberg bekommen kan / als eben diese / wegen deß Gespensts beschreyte Behausung. Man sagte ihr die Ursache / warüm das Hauß nicht bewohnet wurde /sie scheute sich aber nicht / so wol Tags als Nachts darinnen zu verbleiben / mit festem Vertrauen / Gott /welcher sich der Weisen Vatter / und der Wittiben Trost nennet / werde sie gnädigst schützen und beschirmen.

6. Zu Mitternacht kommet das Gespenst mit grossem Gepolter in die Stuben: Die Wittib betet zu Gott / und wendet das Angesicht gegen der Wand / biß das Gespenst verschwunden / welches sie kaumlich ruckwarts erblicket / und in eines Weibsgestalt mit zerspaltenem Haubt gesehen. Weil ihr nun kein Leid wiederfahren / ermannet sie sich folgende Nacht / als das Gespenst wiederüm erschienen / und schauet /nach gethanem Gebet zu Gott / das Gespenst mit diesen Worten an: Alle gute Geister loben GOTT den HERRN. Das Gespenst in vorbesagter Gestalt / antwortet: Ich bin ein guter Geist / und lohe auch GOTT den HERRN.

7. Hierdurch wird diese Wittib behertzt und erkühnet sich zu fragen / warüm dann dieser Geist sich in der wüsten Behausung aufhalte? Nach kurtzer Erzehlung vorermelter Mordthat / hat dieser Geist zuverstehen gegeben / es könne der Leib nicht ruhen / biß ihr Mann / von der Obrigkeit / zu verdienter Strasse gezogen würde. Dieses alles ist noch wol[247] glaublich: was aber folget / lautet hart / und wann es nicht von so hohen Personen hergekommen / möchte jemand ursach haben an solchen Verlauff zu zweiffeln.

8. Hierauf sol diese Wittib ihren Wapenring von dem Finger abgezogen / selben zwischen die zweytheile deß Haubts eingeworffen / und solche als der zerspaltenen Scheedel mit ihrem Haartuche wieder zusammen gebunden haben. Darauf dann das Gespenst verswunden. So bald der Tag angebrochen / hat vielbesagte Wittib / diese Begebenheit der Obrigkeit angesagt / und weil man ihr nicht Glauben zustellen wollen / ist das Grab eröffnet / das Haartuch / in welchem der Name genähet / samt dem Ringe wieder gefunden / und der Mörder welcher ihm nicht einbilden können / wer jhn doch verrahten habe / zu gebürlicher Straffe gezogen worden.

9. Falsch vermeint die böse Rott

daß sie trügen ihren Gott:

was sie böses heimlich schaffen

wird er frey am Tage straffen.


Ende deß Dritten Theils.

Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer: Der Grosse Schau-Platz jämmerlicher Mord-Geschichte. Hamburg 1656, S. 246-248.
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