Sechster Auftritt.

[237] Aus Nr. 1 treten: Ehrenthal und Commissair. Ihnen folgt ein Schreiber, der sich an den Tisch rechts setzt, auf den er Papier etc. etc. und Messer und Tuch legt, und fortwährend schreibt.


COMMISSAIR. Es ist unmöglich, daß August den Mord verübt habe, wenn er nach Philippinens eigener Aussage im Verhör sie nach dem Gensd'armen- Markt begleitet hat. Auch versichern Sie selbst, daß zwischen ihm und Dörthe –[237]

EHRENTHAL. Ja, sie haßte ihn, als einen Dieb, und er –

COMMISSAIR. Als Dieb kenn' ich ihn auch; deshalb glaub' ich gern, daß er die Chatoulle genommen, als er das Kammermädchen auf den Ball lockte; aber die Mordthat ist ein ganz abgesondert begangenes Verbrechen. Einen Mord begeht auch ein solcher Mensch nicht.

EHRENTHAL. Sie kennen den August so genau?

COMMISSAIR. Ja wohl, er steht unter polizeilicher Aufsicht.

EHRENTHAL. Und Sie gaben meinem Sohne keinen Wink?

COMMISSAIR. Das wäre wohl sehr unklug. Welche Herrschaft würde nach solch einer Warnung den Diener länger im Hause dulden? Wir aber müssen ja froh sein, wenn dergleichen Subjecte ein Unterkommen haben. Bleiben sie nach überstandener Strafe brodlos, so ist das ja der Weg, sie wieder zum Stehlen zu bringen.

EHRENTHAL. Das ist aber doch ein entsetzlicher Uebelstand.

COMMISSAIR. Geben Sie ein Mittel an, ihn zu heben; man wird Ihnen dankbar sein. –


Quelle:
Karl von Holtei: Theater. Ausgabe letzter Hand in sechs Bänden, Band 1, Breslau 1867, S. 237-238.
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