4.
Einem Glacédemokraten

[59] Komm, Freund, dass ich die Hand dir fasse,

Du bist wie ich ein jeune garçon

Und führst das Elend aus der Gasse

Durch deine Lieder in den Salon.

Du hüllst sie in Gold und Purpur ein,

Nun wird die Armuth unsterblich sein.


Ich weiss, du liebst es hoch zu Rosse

Zu schütteln den Speer deiner Poesie,

Drum duftet sie auch nie nach der Gosse

Und stinkt beträchlich nach Patchouli.

Famos! schon wird vor Bewundrung stumm

Das höhere Töchterpublikum.


Vergnüglich hockst du hinterm Ofen,

Des Fortschritts Ziel hast du entdeckt

Und so zu sagen mit deinen Strophen

Den weissen Mohren schwarz geleckt.

Kein Lied, das die rothe Rache preist,

Kein Aufschrei, der uns das Herz zerreisst![59]


Ich würde dir gern ein Krönchen kleistern,

Du weist, ich bin kein Nihilist;

Doch kann ich mich nicht recht begeistern;

Dieweil es mir mitunter ist:

Als lachte durch jedes Hungergedicht

Dein wohlgenährtes Prostmahlzeitsgesicht![60]


Quelle:
Arno Holz: Buch der Zeit. Berlin 21892, S. 59-61.
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