2.

[487] Durch eine unverdiente Gnade

Die Sinne wunderbar erhellt,

So wandl' ich sinnend diese Pfade,

Mein Reich ist nicht von dieser Welt.

Kein Erdenweib, vor dem ich kniete,

Nein, schöner ist mein Herz entbrannt:

Mich liebt die Göttin Aphrodite,

Die Königin von Griechenland!


Die goldne Traumwelt der Hellenen,

In mir ward sie zur Melodie;

Die ewge Schönheit ist mein Sehnen,

Mein Flügelross die Phantasie.

Kein Sänger drum, vor dem ich kniete,

Mein Lied, es blitzt wie ein Demant:

Mich liebt die Göttin Aphrodite,

Die Königin von Griechenland![487]


Seit unvordenklichen Aeonen

War sie's schon, die das Scepter schwang,

Und dienstbar sind ihr die Nationen

Vom Aufgang bis zum Niedergang.

Kein König drum, vor dem ich kniete,

Denn purpurn wallt auch mein Gewand:

Mich liebt die Göttin Aphrodite,

Die Königin von Griechenland!


Der Jnder nennt die Gottheit Brahma,

Doch ach, schon anders der Buddhist;

Ich bin mein eigner Dalai Lama,

Ich bin mein eigner Jesus Christ!

Kein Tempel drum, in dem ich kniete,

Die ganze Welt ist mir ein Tand:

Mich liebt die Göttin Aphrodite,

Die Königin von Griechenland![488]


Quelle:
Arno Holz: Buch der Zeit. Berlin 21892, S. 487-489.
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