3. Fabel


Von zweyen vormals berühmten Chur-Fürsten

[319] Germania gab neunen ihrer Söhnen

Theils Mützen/ theils auch einen Hut/

Worunter fast ein König ruht.

Zwey aber ließ sie krönen/

Zwey Helden/ deren Tapferkeit

Und Tugend in Vollkommenheit/

Ja die ihr Kleinod waren.

Es hatten diß zwey Brüder kaum erfahren/

So trieb der Neid sie an/

Der Ehrgeitz/ der nicht ruhen kan/

Auf ihrem Haupt auch Cronen Gold zu tragen.

Das Werck war schwer;

Die Mutter hatte keine mehr.

Da hieß es denn: man muß was kühnes wagen.

Der Mutter setzten sie den Degen an das Hertz.

Die Crone wolten sie von ihrem Haupte reissen.

Hier rief Gerechtigkeit und Schmertz:

Ihr Freund' und Söhne helft. Da gieng es an ein schmeissen

Die Helden schonten nicht vor sie ihr tapffres Blut.

Germania ließ drauf die Sieges-Fahne fliegen.

Die Brüder konten nicht der Freyheit Crone kriegen/

Verlohren aber noch so Mützen als den Hut.


Quelle:
Christian Friedrich Hunold: Menantes Academische Nebenstunden allerhand neuer Gedichte, Halle/ Leipzig 1713, S. 319-320.
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