Vorred Vlrichs van Hutten

Dem edlen, hochberümpten, starckmütigen, vnd ernuesten Frantzen von Sickingen, Key. ma. rat, thiener vnd haubtman, meinē besondern vertrawten vnd tröstlichen gůten freünd, entbeut ich Vlrich von Hutten meinen freüntlichen grůß vnd willigen dienst.


On vrsach ist das sprichwort ›In nöten [Rand: Ein fründ / in noten ] erkennt man den freünd‹ nit in gebrauch kommen. Dann worlich darff nyemant sagen, daz er mit einem freünd verwaret sey, er hab dann den in seinen nottürfftigen anligenden sachen, der massen, das er jn innwendig vnd außwendig kenne, versůcht vnd geprüft. Wiewol nun der glückselig zůachten, dem nye von nöten ward, einen freünd dißer gestalt zu probieren, mögen doch auch sich die der gnaden gots berümen, so in iren nöten bestendige vnnd harthaltende freünd erfunden haben. Vnder welchen ich mich dann nit wenig, gott vnd dem glück zů bedancken hab. Dann als ich vff daz ausserlichst an leib, eeren vnd gůt, von meinen feyhenden genötiget, so vngestümigklich, daz ich kaum freünd anzůrüffen zeyt gehabt, bist du mir, nit (als offt geschicht) mit tröstlichen worten, sonder hilfftragender that begegnet. Ja mag ich (als das sprichwort ist) sagen: [Rand: Fründ zu / guten zeiten] von himel herab zůgefallen. Hyerumb ist wol die freüntschafft, deren die sich zů gůten vnd glückhafftigen zeyten beweisen (wiewol die mer ein lustige geselschafft, dann wore freüntschafft genennt werden mag) dannocht nitt zů verwerffen. Aber ich hab vnder den zweyen [Rand: Verglychnuß] eben den vnderscheydt, den die ärtzt vnder den speißen, denen etzliche allein süß vnd schmackhafftig, etzliche auch darzů gesundt vnd heylsam seint. So[3] ist es mir darzů kommen, daz ich nit lustigs geschmacks, sonder heylsamer [Rand: Frantz Hutten / beystendig.] artzney, nit frölichs beywesens, sonder gewärtiger hilff bedörfft, hab alsdann dich (ich achte auß göttlichem zůschicken vnd versehung) funden, der nit geachtet, was ein yeder von meiner sachen rede, sonder wie die an ir selbs gestalt, behertziget. Hast dich nit durch schrecken meiner widerwertigen, von vorfächtung der vnschuldt abzyehen lassen, sonder auß liebe der warheit, vnd erbarmnuß meiner vergewaltigung, für vnd für über mir [Rand: was Frantzen / bewegt] gehalten. Vnd do mir auß grösse der far, die stätt verschlossen gewest, als bald deine häußer (die ich auß der vnd anderen vrsachen willen, Herbergen der gerechtigkeit nennen mag) auffgethan, vnd also die [Rand: Frantzen heuser / herbergen der / gerechtigkeit.] angefochten vnd veriagte warheit, in die schoß deiner hilff entpfangen, vnd in den armen deiner beschirmung gantz kecklich gehalten. Darauß dann geuolgt, daz ich in meinem fürsatz, den auch du erber vnd redlich nennest, nit wenig gesterckt, alle gelerten vnd kunstliebenden Teütscher nation (den dann auch [Rand: Alle gelerten / teutschen] nit weniger dann mir selbs an dißer sachen gelegen) sich in freüden vnd frolocken erhaben, vnd gleich als nach einem trüben wetter, von der freüdenrichen sonnen erquicket worden. Dargegen die boßhafftigen [Rand: Curtisanen] Curtisanen, vnd Romanisten, die mich verlassen gemeynt, vnd der halben nahet einen triumph von mir gefürt hettenn, do sye gesehen, daz ich mich (im sprichwort ist) an ein veste vnerschütte wand gelänet hab, iren stoltz vnd übermůt gegen mir, etzwas nidergelassen, sich vast jngethon, vnnd kleines lauts worden. Für solche deine wolthat, dir genůgsamen [Rand: Huttens danckbar / gemyet] danck sagen, hab ich nit mangel an gemüt vnd willen, sonder am glück vnd vermögen gebrechen. Würt mir aber ye ein bessere zeyt erscheinen, vnd sich anderung des glückes (als dann mein freye hoffnung zů gott) begeben, wil ich dir allem meinem[4] vermögen nach, dermassen wider thienen, das du ye vffs wenigest mich keinen fleiß, dir danckbarkeit zů erzöigen, gespart haben, spüren solt, vnd mitler zeyt, mit dem, das mir kein freuel noch gewalt, kein trotz noch übermacht, kein armůt noch ellend benemen mag, das ist, mit krefften meiner synnen, vnd vermögen der verstäntnuß, trewlich vnd fleißiglich thienen, [Rand: was Huttens / höchst vermögen.] auch dir yetzo, wie ettwan Vergilius den zweyen woluerthienten jünglingen, zůgesagt haben;


Wo etzwas mein geschrifft vermag,

Dein lob můsß sterben keinen tag.


Wiewol, ob du dich schon gegen mir der massen (wie obberürt) nit gehalten, [Rand: Frantzen / tugent] hettest du dannocht on das, mit deinen ritterlichen eerlichen gethaten, verthient (als ich vnd alle, deren vermögen ist, gegenwertige oder vergangene ding, durch behelff der geschrifft, in erkantnüß zůkünfftiger zeyt bringen) deinen namen vß dunckelem vergesß, in das lyecht der ewigen gedächtnuß setzeten. Dann on schmeychelen [Rand: Frantzen lob.] vnd liebkoßen zů reden, bist du der zů dißer zeyt, do yederman bedaücht Teütscher Adel hette etzwas an strengkeit der gemüten abgenommen, dich der masßen erzöigt, vnnd bewißen hast, das man sehen mag, Teütsch blůt noch nit versygen, noch das adelich gewächs Teütscher tugent, gantz außgewurtzelt sein. Vnnd ist zů wünschen, vnd zů bitten, [Rand: Frantzen halben / zu winschen] das gott vnserem haubt keyßer Carlen, deiner tugenthafftigen vnerschrockenen můtsamkeit, erkantnuß jngebe, damit er dich deiner geschicklichkeit nach, in hohen trefflichen seinen händlen, das Römisch Reich, oder auch gantze Christenheit betreffend, so mit rat, vnd der that brauche. Denn als dann würde frücht deiner tugent zů weiterem nutz kommen. Fürwar einen solichen můt solt man nit růwen lassen, noch innwendig bezyrcks [Rand: Frantzen mut.] kleiner sachen, gebraucht werden lassen. Aber ich hab mir nit fürgenommen, in dißer vorred dein lob[5] zůbeschreiben, sonder ein mal meinem hertzen, das gesteckt voll gůter gedäncken vnd freüntlicher gůtwilligkeit, die ich gegen deinen vnwidergeltlichen an mir begangenen wolthaten, die doch du noch täglich ye mer vnd mer überhauffest, trag, einen lufft geben, schenck dir zů dißem newen jar, die nachfolgende meine büchlin, die ich in nechst verschinenen tagen, in der gerechtigkeitt (wie vor genannt) herbergen, eylendts, vnd ön grösseren fleiß verteütscht hab. Vnnd wünsch dir damit, [Rand: Was Hutten / Frantzen / winschet] nitt als wir offt vnserenn freünden pflegen, ein fröliche sanffte rů, sonder grosße, ernstliche, dapfere vnd arbeitsame geschäfft, darinn du vilen menschen zů gůt, dein stoltzes heldisch gemůt brauchen vnd üben mögest. Darzů wöl dir gott glück, heyl vnd wolfarn verleyhen. Geben zů Ebernburgk, vff den heyligen newen jars abent, im jar nach Christi geburt M.CCCCC. vnd einvndzweintzigsten.

Quelle:
Ulrich von Hutten: Gesprächbüchlein, in: Deutsche Schriften. Band 1, Leipzig 1972, S. 1–188, S. 3-6.
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