Wenn aus dem Himmel ...

[276] Wenn aus dem Himmel hellere Wonne sich

Herabgießt, eine Freude den Menschen kommt,

Daß sie sich wundern über manches

Sichtbares, Höheres, Angenehmes:


Wie tönet lieblich heilger Gesang dazu!

Wie lacht das Herz in Liedern die Wahrheit an,

Daß Freudigkeit an einem Bildnis –

Über dem Stege beginnen Schafe


Den Zug, der fast in dämmernde Wälder geht.

Die Wiesen aber, welche mit lautrem Grün

Bedeckt sind, sind wie jene Heide,

Welche gewöhnlicher Weise nah ist


Dem dunkeln Walde. Da, auf den Wiesen auch

Verweilen diese Schafe. Die Gipfel, die

Umher sind, nackte Höhen sind mit

Eichen bedecket und seltnen Tannen.


Da, wo des Stromes regsame Wellen sind,

Daß einer, der vorüber des Weges kommt,

Froh hinschaut, da erhebt der Berge

Sanfte Gestalt und der Weinberg hoch sich.


Zwar gehn die Treppen unter den Reben hoch

Herunter, wo der Obstbaum blühend darüber steht[277]

Und Duft an wilden Hecken weilet,

Wo die verborgenen Veilchen sprossen;


Gewässer aber rieseln herab, und sanft

Ist hörbar dort ein Rauschen den ganzen Tag;

Die Orte aber in der Gegend

Ruhen und schweigen den Nachmittag durch.

Quelle:
Friedrich Hölderlin: Sämtliche Werke. 6 Bände, Band 2, Stuttgart 1953, S. 276-278.
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