Maylied

[130] Der Schnee zerrinnt,

Der May beginnt,

Die Blüthen keimen

Den Gartenbäumen,

Und Vogelschall

Tönt überall.


Pflückt einen Kranz,

Und haltet Tanz

Auf grünen Auen,

Ihr schönen Frauen,

Pflückt einen Kranz,

Und haltet Tanz.


Wer weiß, wie bald

Die Glocke schallt,

Da wir des Mayen

Uns nicht mehr freuen,

Wer weiß, wie bald

Sie, leider, schallt.


Drum werdet froh,

Gott will es so,

Der uns das Leben

Zur Luft gegeben,

Genießt der Zeit,

Die Gott verleyht.
[130]

Quelle:
Ludwig Christoph Heinrich Hölty: Sämtliche Werke. Band 1, Weimar 1914, S. 130-131.
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