Bürger.

[93] Bürger betriegen 1) Wenn sie einander die Bäume und Weinstöcke ausgraben und nehmen, oder heimlich abhauen und verderben. 2) Wenn sie bey Herbst-Zeit die Trauben aus den Bergen schneiden, und also dem Zehend-Herrn an seinem Zehenden Abbruch thun. 3) Wenn sie den Zehend-Herrn seinen Zehend durch unvermercktes oder nächtliches Einführen des Getreides Diebischer Weise entwenden. 4) Wenn sie einander das Obst von Bäumen ohnvermerckt abschütteln, auflesen und wegtragen / beym Grasen ihm seine Saat abschneiden, das Graß[93] in fremden Gärten und Wiesen abmehen und wegtragen, das Getreid vom fremden Acker weg- und auf den ihrigen tragen. 5) Wenn sie einander an Aeckern etwas abpflügen /und die Mahl-Steine tückischer weise verrücken oder aus dem Wege räumen. 6) Wenn sie wissentlich gestohlnes Guth an sich kauffen, und verpartiren helffen. 7) Wenn sie ein oder andere kauffbare Dinge /an Früchten, Feder- und Flügel-Vich, Holtz und dergleichen / ausserhalb denen öffentlichen Märckten, zum Aufschlag heimlich vor- und aufkauffen. 8) Wenn sie Fremden, ohne der Obrigkeit Vorbewust /liegende Güter verkauffen, oder darauf heimlich Geld nehmen / auch wol dieselben mit Gülden und andern Oneribus beschweren. 9) Wenn sie ihre Richter in Regierungs-Amts- und Raths-Stuben mit Geld bestechen / damit sie ihre Streit-Sache, die eben nicht zum besten ist, wider den Gegen-Parth desto eher erhalten mögen. 10) Wenn sie einander das Gesinde heimlich durch allerhand Vorstellungen verhetzen, oder sie selbst / durch Darbietung eines grössern Lohns / von demjenigen Herrn / zu dem es sich zu erst verdinget, abspenstig machen. 11) Wenn sie durch allerhand Künste andern die Tauben und Hüner abfangen. 12) Wenn sie die Garten-Heegen nach und nach ihren Nachbaren zutreiben, oder auch auf solche Art gemeine Wege und Stege verengern. 13) Wann, da das fischen in gemeinen Wassern wöchentlich nur einen oder zwey Tage erlaubet / sie verstohlener weise an verbotenen Tagen darinnen fischen. 14) Wenn sie bey Hochzeiten, Kind-Tauffen und andern Gelagen ohnvermerckt[94] mehr Gäste setzen und Speisen auftragen als ihnen erlaubet. Ein mehreres besiehe unter dem Titul: Bauern / Bier-Brauer etc.


Mittel: 1) Wachsames Auge der hohen und niedern Obrigkeit über ihre Bürger / und ernste Bestraffung der Verbrecher wider die ausgelassene Mandata und Ordnungen. 2) Bestellung gewisser verpflichteter Personen /als Censores und Observatores Morum, Gassen Aufsehere / Flürer und dergleichen / welche bey dem Policey-Collegio, Aemtern / oder Stadt-Rath alles / was wider gedachte Ordnungen lauffet / heimlich oder öffentlich an zugeben. 3) Ein gewisses Ansag-Geld oder Verehrung auf ein und das andere dem Publico oder Privatis schädlichen Verbrechens Entdeckung zu setzen.

Quelle:
Hoenn, Georg Paul: Betrugs-Lexikon, worinnen die meisten Betrügereyen in allen Staenden nebst denen darwieder guten Theils dienenden Mitteln entdecket von ,-, Dritte Edition, Coburg 1724 [Nachdruck Leipzig 1981], S. 93-95.
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