Materialisten.

[249] Materialisten betriegen 1) Wenn sie ihre Waaren übersetzen / und daran allzugrossen Gewinn suchen. 2) Wenn sie alte / verlegene und fast verdorbene Materialien wohlfeil einhandeln / und solche vor frische Waaren wieder verkauffen. 3) Wenn sie aus dem gantzen Zimmet und ungestossenen Nägel in die Essenz auskochen, solche wieder trocknen und mit einem Liquore färben, dann in eine Kiste / wo zuvor guter Zimmet und Nägelein gelegen / damit sie wieder einen Geruch bekommen / legen / etwas frisches darunter mischen / und es solcher gestalt miteinander an Mann zu bringen / suchen. Wenn sie auch allerley köstliche wohlriechende Höltzer, Rinden und Früchte / so entweder gantz keine Kräffte gehabt / oder doch derselben beraubet worden / deren jedes nach Belieben mit gewissen Spiritibus, Essenzien und Oehlen ein wenig anfeuchten / daß sie nur den Geruch an sich ziehen / und nachgehends vor veritable passiren müssen. 4) Wenn sie unter den gestossenen Zimmet und gestossene Nägelein Baum-Rinde und Wurtzel, welche mit jenen gleiche Farbe haben / thun / solche untereinander stossen / mischen und vor gute verkauffen. 5) Wenn sie unter den gantzen Pfeffer gewisse Körner / welche dem Pfeffer fast gleich sehen / mischen. 6) Wenn sie unter den gestossenen Pfeffer / faul Holtz oder das Pulver von scharffen Wurtzeln thun. 7) Wenn sie unter den zerstossenen Ingber zerstossene Erbsen mengen. 8)[249] Wenn sie die Chocolate mit darunter gemischten Mandeln / Castanien und dergleichen Früchten verfälschen / und doch vor die beste Spanische ausgeben. 9) Wenn sie das Wachs mit gefärbten Schaafs-Unschlitt, damit es gelb bleibe / oder aber da es weisses Wachs ist / mit ungefärbten verfälschen. 10) Wenn sie den Caffé mit gebrannten Erbsen / Bohnen / Gersten / verbrennten Brodt etc. untermischen. 11) Wenn sie den veritablen Kapfer-Theé mit Ehrenpreiß-Blättern oder andern Kräutern verfälschen. 12) Wenn sie die wilde Rhabarbara vor die gute Orientalische verkauffen. 13) Wenn sie dem Victriol seine blaue oder Purpur-Farbe Seele nehmen /solchen aber hernach wieder anschiessen lassen / und mit grossen Schaden derer Färber / so ihn kauffen /und gebrauchen vor guten verkauffen. 14) Wenn sie den Schnupff-Toback mit Kräutern / Wurtzeln / Gewürtz und dergleichen verfälschen / und damit denen /so solchen gebrauchen / entweder durch Operation eines allzustarcken Niesen / oder daß die Materie im Gehirn sich coaguliret und eine Verstopffung verursachet / oder aber allzusehr austrocknet / schädlich seyn. 15) Wenn sie gemeinen in Teutschland gewachsenen Toback / welcher insgemein starck ist / in Zwetsch gen-Brühe einweichen / damit er einen angenehmen Geschmack bekomme, und hernach vor Virginischen /oder dergleichen / verkauffen. 16) Wenn sie die veritablen Gemsen-Kugeln mit Küh-Koth und subtilen eingefüllten Kräutlein nachmachen lassen / und solche an statt jener / zum Verkauff führen. 17) Wenn sie den guten Saffran mit wilden[250] Saffran oder Blumen verfälschen, oder denselben mit klein geschabten geräucherten Fleisch / den gestossenen aber mit Zinnober vermischen. 18) Wenn sie unter den gestossenen Zinnober Minium mischen. 19) Wenn sie an statt des veritablen und von Plinio beschriebenen Einhorn das Unicornu fossile oder das Wasser-Einhorn / oder wohl gar calcinirtes Hirschhorn verkauffen. 20) Wenn sie an statt des Bezoar-Steins / welcher in dem Magen der Persianischen Gemsen gefunden wird / andere diesem zwar ähnliche / aber an Krafft und Würckung nicht beykommende Steine substituiren und davor ausgeben. 21) Wenn sie unter den Künruß gestossene Kohlen mengen / und solchen damit verfälschen. 22) Wenn sie denen Kindern oder unverständigen Mägden / welche aus ihrem Laden etwas zu holen von Eltern und Frauen geschickt werden / quid pro quo geben / und sie damit fortlauffen lassen. 23) Wenn sie von dem Gewicht abfeilen / damit es nicht so schwer wiegen möge. 24) Wenn sie Ingber / Pfeffer / Saffran / Nägelein und dergleichen in feuchte Gewölbe oder Keller thun / damit sie am Gewicht desto schwerer werden. 25) Wenn sie ihre gute und frische Waare oben her / die verlegene aber unten her legen /nichts destoweniger aber beym Verkauff die schlimme unter die Gute unvermerckter Weise mengen. 26) Wenn sie die Rosinen und Zibeben mit einem gewissen Spiritu anfeuchten, damit solche vor frische Waare angesehen / befühlet und gekostet werden mögen. 27) Wenn sie an statt des Orientalischen Bezoar-Steins den Occidentalischen / so doch an[251] Kräfften weit geringer / verkauffen. 28) Wenn sie vor das rechte Castoreum ein Stück Fleisch mit etwas Bibergeil-Fett beschmieren / in ein dünnes Häutgen einwickeln / und also unter andern fälschlich mit verkauffen. 29) Wenn sie, an statt des wahren Bisams in seinem natürlichen Beutelgen oder Säckgen / dergleichen aus dem Fell des Bisamthiers nachmachen / solches mit Blut / Fett und andern Dingen mit ein klein wenig von rechten Bisam vermischt anfüllen / und vor die veritable ausgeben. 30) Wenn sie die Ambra auf vielerley Weise mit Wachs / Rehinnen Koth / allerhand Pulvern und dergleichen fälschlich nachahmen, verfertigen und verkauffen. 31) Wenn sie vor die Orientalische Perlen und allerhand Edelgesteine dergleichen Occidental- oder wohl gar also fertige Christallen, Bergsteine und andere ausgeben. 32) Wenn sie die kostbaren sowol gekochte als distillirte und andere Oehle / Balsamen und dergleichen mit schlechten und geringen Oehlen / lautern Fett / Unschlitt und dergleichen versetzen. 33) Wenn sie die Venetianische Seiffe nachzumachen / grünen Safft von Kräutern und dergleichen unter die gemeine Seiffe thun, damit sie die Farbe von jener bekommen möge. 34) Wenn sie die Strich-Kiele von grossen Land-Gänsen vor See-Kiele ausgeben.


Mittel: 1) Weil die Verfälschung der Gewürtze meistentheils beym Mahlen geschiehet / ist nöthig / daß man in grossen Städten / wo Gewürtz-Handel getrieben wird /besondere Gewürtz-Mühlen auffrichte / und alles Gewürtz unter Schau- und Beurtheilung gewisser Commissarien gemahlen / auch zu dem Ende eine besondere[252] Gewürtz- Schau- und Mahl-Ordnung verfertiget / wie nicht weniger. 2) Derer Gewürtz-Händler ihrer Waaren /durch einige darzu bestellte und der Sachen verständige Leute / jezuweilen beschauer / einfolglich die verfälschte Waaren confisciret / die Verbrecher selbst aber zu gebührender Straffe gezogen werden.

Quelle:
Hoenn, Georg Paul: Betrugs-Lexikon, worinnen die meisten Betrügereyen in allen Staenden nebst denen darwieder guten Theils dienenden Mitteln entdecket von ,-, Dritte Edition, Coburg 1724 [Nachdruck Leipzig 1981], S. 249-253.
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