Obristen.

[271] Obristen betriegen 1) Wenn sie die Regiments-Gelder nicht zu rechter Zeit austheilen lassen / sondern vorhero eine Zeitlang damit wuchern. 2) Wenn sie etwas von solchen Geldern gar unterschlagen / und den Soldaten ein mehrers von Montur und anderer Nothdurfft als sich gebühret und erlaubet / an ihren Sold decourtiren. 3) Wenn sie ihre Untergebene[271] mit dem liederlichsten Sorten Geldes / ohnerachtet sie gutes und gantzes empfangen / bezahlen. 4) Wenn sie Spendage nehmen / und wider höheres Verboth und Erlaubniß / Officiers oder Gemeinde auf eine Zeitlang vom Regiment heimlich verreisen lassen / oder ihnen wol gar Abschied geben. 5) Wenn sie / um ein Recompentz oder Freundschafft willen / denen Abgedanckten in ihren Abschieden / mehr Monathe oder Feldzüge / als sie gedienet / setzen / darbey auch z.E. die Fendriche Lieutenants, diese aber Capitains tituliren / ob sie gleich solche Chargen niemahl würcklich bedienet. 6) Wenn sie von denen emfangenden Contributionibus, welche sie getreulich überliefern oder berechnen solten / einen Theil zurück behalten und unterschlagen. 7) Wenn sie um Gunst oder Geschencke willen unversuchte und jüngere Officiers denen ältern und besser verdienten bey Vergebung derer Kriegs-Chargen vorziehen. 8) Wenn sie bey Marchen von ihrer vorgeschriebenen March-Route abgehen / und dieses oder jenes Land und Ort / wohin sie gewiesen / da sich solches mit einem Stück Geld oder einem Præsent mit ihnen abgefunden / verschonen / die Schuld aber des solcher Gestalt nehmenden Umweges auf die sie so anweisende March-Commissarios schieben. 9) Wenn sie eine falsche March-Route aufzeigen / um dadurch von denen / welche nach derselben mit dem Durchzug betroffen würden /ein Stück Geldes zu schneiden. 10) Wenn sie auf Marchen nur so dann erst gute Ordre halten / nachdeme sie durch ein Geschenck darzu ersuchet worden. 11) Wenn sie an solchen Orten / da sie[272] auf ihrem March von dem Quartiers-Mann kein Geld vor ihre Verpflegung bekommen können / sie so viele Victualien / Wein / Gewürtz / Haber und anders geben lassen / daß sie hernach einen guten Theil einpacken /und in dem folgenden Quartier davon zehren / oder solches verkauffen lassen können. 12) Wenn sie / wo man mit ihnen wegen einstellenden Rast-Tages sich nicht abfindet / unter dem Vorwand / sie müsten ihr Regiment nicht zu sehr fatigiren / wol allemahl über den andern Tag einen Rast-Tag machen / hingegen 13) wo man sich bey ihnen mit einer schweren Hand einstellet / wol vier biß mehr Tage an einem Stück /ohne auszurasten / fortziehen. 14) Wenn sie / damit sie gute March-Quartier sich desto länger zu Nutzen machen mögen / des Tages über eine oder zwey Meilen nicht marchiren / hergegen 15) wenn sie viele Weine oder andere Waaren / wo sie guten Kauffes zu haben / auf dem March mit sich nehmen / und gantze Wägen damit / unter dem Vorwand / es gehöre vor das Regiment / beladen. 16) Wenn sie in dem Quartier mehr Portiones, als ihnen erlaubt / fordern und sich reichen lassen. 17) Wenn sie ihren untergebenen Officiern, bey Verübung allerhand Excessen auf denen Marchen, durch die Finger sehen / oder / da man auf die Abstraffung dieses oder jenen dringet /selbigen zwar pro Forma in Arrest nehmen / und als einen Arrestanten aus dem Quartier führen / aber alsobald in dem folgenden ohne Straffe wieder frey lassen. 18) Wenn sie denen Marquetendern / bey welchen die Compagnien allein ihre Nothdurfft einkauffen müssen / um Genusses willen verstatten /[273] die Consumtibilia, welche wol öffters in verdorbenen Eß-Waaren und Getränck bestehen / und anders / in so hohen Preiß / als sie wollen / denen armen Soldaten zu verkauffen. 19) Wenn sie diejenigen vom Regiment / auf welche sie Feindschafft geworffen / das in Commando-Sachen auf das geringste / auch wol erdichtete Versehen / mit schweren Straffen oder lang währendem Arrest belegen. 20) Wenn sie bey anschaffender Regiments-Montur das ihnen darzu gereichte Geld nicht alles anwenden / sondern allerhand Abschnitte sich damit bey Handels- und Handwercks Leuten machen. 21) Wenn sie denen Werb-Officiren nicht so viel auf einen Mann / als sie bekommen /geben. 22) Wenn sie bey Musterungen viele Blinde machen / damit das Regiment in completem Stande zu seyn scheinen möge / von andern Leute borgen / und alle Laquaien / Knechte / Tross und dergleichen Personen / so lang unterstecken lassen / biß die Musterung vorbey / folglich den Sold vor solche alle hernach ziehen. 23) Wenn sie wider Verboth nachsehen und heimlich verstatten / daß ein oder der andere von ihren Untergebenen ohnvermerckt auf das Beute-machen gehe / nur damit sie auch einen Theil davon bekommen mögen. 24) Wenn sie ohne Verlaub ihre vom Feind Gefangene heimlich um versprochener oder gegebener Ranzion willen loß lassen. 25) Wenn sie bey Musterung ihres Land-Regiments diejenigen /welche ihnen den Beutel oder die Küche gespicket /unter dem Vorwand einer Untüchtigkeit / ausmustern / oder die / so sich in den Ausschuß am besten schicken / um gleiches Gefallens willen übergehen[274] und verschonen. 26) Wenn sie ihre Untergebene in der Furcht erhalten / daß keiner bey denen Generalen sich über sie zu beschweren getrauet. 27) Wenn sie einige von ihren Reutern die Musterung mit gelehnten Pferden passiren lassen.


Mittel: 1) Bey denen Durch-Marchen zeitlich dahin zu vigiliren / daß nach der Käyserlichen zu Nürnberg bey dem Fränckischen Craiß-Convent 1702. den 2. May publicirten March-Reglement, wie solches mit der Käyserlichen Hof-Kriegs-Cammer den 18. Febr. 1701. und nachgehends unter denen associirten Reichs-Craisen verglichen / und von dem Käyserlichen General-Lieutenant Printz Eugenio von Savoyen im Haupt-Quartier Speyer den 4. Novembr. 1711. wiederholeten publiciret worden / von denen durch marchirenden Trouppen, Caution durch Deponirung Geldes oder sonst geleistet / oder in Ermangelung Geißeln wegen aller vorgehenden Excesse und Bezahlung derer Etappen gestellet / und jeder Compagnie ein Land-Commissarius zur Assistenz der Bequartierten /auch wo möglich zu Anweisung eines Campements, denen Trouppen zugeordnet werde. 2) Auf die so wol im Felde / als auch Winter-Quartieren wider die Kriegs-Articuln / welche besonders darauf zu richten / vorgehende oberzehlte übrige Practiquen und Betriegereyen genaue Aufsicht zu führen / und besagten Articuln gemäß abstraffen.

Quelle:
Hoenn, Georg Paul: Betrugs-Lexikon, worinnen die meisten Betrügereyen in allen Staenden nebst denen darwieder guten Theils dienenden Mitteln entdecket von ,-, Dritte Edition, Coburg 1724 [Nachdruck Leipzig 1981], S. 271-275.
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