[402] Stipendiaten.

[402] Stipendiaten betriegen 1) Wenn sie, als bemittelte, sich die Stipendia, welche auf die Studia academica angesehen seyn, noch in Trivial-Schulen / unter verschiedenen ersonnenen Vorwand procuriren lassen /und solche also denen Dürfftigen ärmen und auch wohl tüchtigen Ingeniis vor dem Maul wegnehmen. 2) Wenn sie diejenigen Stipendia, welche von gottseeligen Stifftern zum Studio Theologico aus erhebliche Ursachen / sonderlich aber darum, weil die, so diß Studium ergreiffen, gemeiniglich nicht viel zum Besten haben, gewiedmet worden / ambiren / und unter dem Versprechen, daß sie Theologiam studieren wolten, auch wegbekommen, nichts desto weniger aber hernach changiren und ein anders Studium ergreiffen. 3) Wenn sie wieder ihr Versprechen das Stipendien-Geld liederlich durchbringen, und mehr zum Schmausen, Kleider-Pracht und an die Huren / als zum Studiren und darzu nöthigen Büchern verwenden. 4) Wenn sie nach absolvirten Studiis sich wieder der Obrigkeit Wissen und Erlaubniß, von welcher sie Stipendia empfangen / in fremde Dienste begeben /und ihre Dienste nicht erstlich dem Vaterlande gehöriger massen offeriren.


Mittel: 1) Daß hohe Obrigkeit und die Collatores Stipendiorum dahin zuförderst sehen / wie sie die Stipendia solchen Personen / die zum Studieren tüchtig /von eigenen Mitteln die Studia zu prosequiren unfähig / darbey aber des Alters sind / daß sie in wenig Jahren in Kirchen / Schulen oder gemeinen Wesen[403] mit Nutzen können gebrauchet werden / conferiren. 2) Daß man derer Stipendiaten angewandten Fleiß und erlangte Profectus, wie auch übrig geführten Lebens-Wandel genau untersuche / und ehe noch Ihnen das Geld unter die Hände gegeben wird / zuverläßige Nachricht davon einziehe. 3) Daß auf Academien gewisse Inspectores, welche auf die allda studierende Stipendiaten fleißige Aufsicht haben / selbige quartaliter scharff examiniren / und nach dem Examine entweder an die Consistoria oder Collatores derer Stipendien von ihren erlangten Profectibus und Aufführung nöthigen Bericht thun / bestellet und auch darauf verpflichtet werden.

Quelle:
Hoenn, Georg Paul: Betrugs-Lexikon, worinnen die meisten Betrügereyen in allen Staenden nebst denen darwieder guten Theils dienenden Mitteln entdecket von ,-, Dritte Edition, Coburg 1724 [Nachdruck Leipzig 1981], S. 402-404.
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