Zimmerleute.

[454] Zimmerleute betriegen 1) Wenn sie sich eines Gebäudes unterfangen, wovon sie doch schlechten oder gar keinen Verstand haben, folglich bey Vollführung desselben den Bau-Herrn, als der mehr Unbequemlichkeit als Bequemlichkeit daran findet / leichtfertig ums Geld und Materialien bringen. 2) Wenn sie denen Leuten ein schönes Modell vom Gebäude auf dem Pappier abgezeichnet vorweisen, solches aber hernach nicht also verfertigen. 3) Wenn sie von einem aufzuführenden Bau, damit er ihnen nur nicht aus den Händen gehe, anfangs wenig fordern sich aber so gleich die Helffte voraus zahlen lassen, und hernach, da das Holtz fast beschlagen, zu lamentiren anfangen, daß sie es unmöglich um den getroffenen Accord thun könten, müsten eher den Bau liegen lassen und einem andern cediren / damit der Bau-Herr, falls er anders das Gebäude bald fertig haben will / über dem Accord noch etwas nachgeben möge. 4) Wenn sie die Gebäude nicht recht mit Riegeln und Gebünde verwahren, daß hernach solches bey entstehenden Sturm-Wind übern Hauffen fallen muß. 5) Wenn sie um Tag-Lohn arbeiten, und daher mit dem Behauten des Holtzes und Aufrichtung des Baues fein lange umgehen, damit ihnen desto mehrere Tage verlohnet wer den. 6) Wenn sie mit dem Bau-Herrn überhaupt handeln / hernach aber den Bau nur obenhin machen, und über[454] Hals und Kopff davon eilen. 7) Wenn sie das Bau-Holtz selbst herbey zu schaffen versprechen, nachgends aber untüchtiges und bald faulendes darzu nehmen, solches auch, da sie sich die Späne davon vorbehalten, dergestalten behauen, daß das Gebäude ohnmöglich lange davon dauren kan. 8) Wenn sie nebst ihren mitarbeitenden Gesellen die Abgänge und Klötzgen vom Holtze, wieder Vorbewust des Bau-Herrns, so wohl zu früh beym Morgen-Brod und zu Mittag, als auch Abends beym heimgehen, unter dem Vorwand, es sey diß der Zimmerleute ihr Accidens, mit nach Hause nehmen, auch zu solchem Ende dergleichen Abgänge desto grösser hauen. 9) Wenn sie zu Beschlagung der Gibel / Wände und Bühnen mehr Nägel fordern, als sie darzu verbrauchen, folglich die übrig behaltene dem Bau-Herrn diebischer weise entwenden. 10) Wann sie das Holtz zu einem überhaupt ihnen angelassenen Bau zu geben versprechen, und hernach, statt daß sie starcke 5. biß 6. spännige Reisen darzu kauffen solten / meist nur 3. biß 4. spännige nehmen und verarbeiten. 11) Wann sie bey solchen Fällen auch die Schreiner-Arbeit abzutäffeln, Thüren und Fuß-Böden zu machen / denen Schreinern zum Abbruch, sich heimlich unterfangen. 12) Wenn sie das Holtz zu unrechter Zeit fällen, da der Safft noch in den Bäumen ist, daß hernach ein davon gebauetes Hauß wurmstichig wird. 13) Wenn sie das gefällte Holtz nicht bey Zeiten behauen, sondern auf den feuchten Boden liegen lassen, damit ja dasselbe vollends naß werde. 14) Wenn sie das behauene Holtz vor Regen und[455] Sonnen-Hitze nicht bedecken / auch auf der Erden nicht hohl legen, da es denn ungleich und ritzig werden muß / und also die vorige Dauer nicht hat. 15) Wenn sie das kurtz vorher gefällte Holtz bald verarbeiten, weil es noch weich ist / da denn das Hauß hernach nothwendig schwinden muß. 16) Wenn sie / da das Hauß gerichtet wird, sehen, daß sich nicht alles schicken will und die Bänder absonderlich nicht wohl passen wollen, sie die Gedult und Zeit nicht nehmen / solche zu verbessern, sondern wohl die Bänder weglassen / oder Stücker davon wegschneiden.


Mittel: 1) Keinen Zimmermann einen weitläufftigen Bau alleine anvertrauen / man sey dann von ihme / daß er in der Architectura civili wohl versirt / versichert. 2) Bey Aufführung eines Baues von Anfang biß zu Ende desselben einen verständigen Bau Inspectorem zu halten / wo man nicht allenthalben dabey seyn kan / oder des Baumesens unkundig ist. 3) Mit dem Zimmermann einen schrifftlichen Bau-Contract zu machen / und darüber fest zu halten / auch nicht leichtlich die Helffte oder sonst ich etwas voraus oder ehe zu bezahlen / biß der Bau nach angegebenen Modell auf Grund und Boden stehe.

Quelle:
Hoenn, Georg Paul: Betrugs-Lexikon, worinnen die meisten Betrügereyen in allen Staenden nebst denen darwieder guten Theils dienenden Mitteln entdecket von ,-, Dritte Edition, Coburg 1724 [Nachdruck Leipzig 1981], S. 454-456.
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