Mönche.

[59] Mönche betriegen 1) wenn sie die heilsame Krafft, so aus natürlichen Ursachen in den mineralischen Brunnen und Bädern stecket, den Verdiensten ein und anderer Heiligen oder Märtyrer zuschreiben, damit sie Wallfahrten dahin bringen, und also vieles Geld erlangen können, wie zu Flavigny in Franckreich, wo die heilige Regina soll gemartert worden seyn, geschehen ist. 2) Wenn sie bey Eröffnung der Gräber oder Särge ihrer vermeynten Heiligen mit Unwahrheit vorgeben, daß sie einen lieblichen Geruch empfänden, um die Einfältigen in den Aberglauben gegen dieselben zu erhalten, wie es zu Blois in Franckreich bey Eröffnung des Grabes S. Victoris sich zugetragen. 3) Wenn sie zu Dyon in Franckreich den Leuten weiß machen, daß die todt zur Welt gebohrnen Kinder, wenn sie auf den Altar der H. Maria in der Abtey S. Benigne daselbst gelegt und Messen über dieselben gelesen würden, auf einige Augenblicke, damit sie könnten getaufft und aus dem Lymbo oder Vorburg der Höllen[59] errettet werden, das Leben erhielten, da sie doch durch allerhand Betrug selbst die Kinder in einige Bewegung bringen, und dahero vor ihre Messen sehr vieles Geld ziehen. 4) Wenn sie die alten Bilder ihrer Heiligen mit neuen Farben ausbessern und renoviren lassen, und da aus natürlichen Ursachen die neue von der alten Farbe abspringet, solchen Zufall dem Mißfallen der heiligen Person zuschreiben und dahero das Bild in desto grössere Hochachtung setzen, wie sich mit dem Marien Bild zu Dyon, das der Evangelist Lucas soll gemacht haben, zugetragen. 5) Wenn sie die Historien von fingirten Wunderwercken drucken lassen und in fremde Länder schicken, damit die Wallfahrten desto stärcker zu ihren wunderthätigen Heiligen und Bildern angestellet und ihre Beutel desto besser gefüllet werden mögen; wie eben daselbst geschehen. 6) Wenn sie ihre alte und incommode Klöster in Brand stecken um dadurch nur eine neue und bequemere Wohnung zu bekommen, wie die Mönche in vorigen Seculo es mit der Chartrausen in Franckreich gemacht. 7) Wenn sie unter dem Vorwand des Gottesdienstes, der Einsamkeit etc. nichts arbeiten, sondern dabey ihrer Commodité pflegen. 8) Wenn sie durch den äusserlichen Schmuck ihrer Kirchen und Klöster die Einfältigen dahin bereden wollen, daß ihr Gottesdienst der wahre sey. 9) Wenn sie verhindern daß keine Protestantische Bücher, sonderlich die von Unterscheid der Religionen handeln, in die Catholische Länder gebracht werden, und dahero solche denen Reisenden oder andern, so sie dahin bringen, wegnehmen.[60] 10) Wenn sie in ihren Predigten und Schrifften die Protestanten als Ungläubige, ja ärger als Heyden und Türcken ausschreyen, um solche bey ihren Zuhörern verhaßt zu machen, wie jener Abt zu Rom einen Reisenden Frantzösischen Pater fragte: Was die Unglaubigen in Franckreich thäten? und verstunde dadurch die Protestanten. 11) Wenn sie ihren Beicht-Kindern in Beichtstuhl auferlegen, wegen begangenen schweren Sünden, nach diesen oder jenen Ort Wallfahrten zu gehen, unter dem Vorwand, daß sie sonsten keine Vergebung derselben erlangen könnten, und dadurch denen Mönchen selbiges Orts vieles Geld zuwenden. 12) Wenn sie auch öffters bey reichen Leuten, sonderlich Wittwen, vornehmlich bey deren Todt sich einfinden, damit sie solche dahin bewegen mögen, das Einkommen ihrer Klöster, Spithäler, Kirchen etc. durch Vermächtnisse in Testamenten zu vermehren oder neue zu stifften, unter dem Vorwand, daß sie desto eher aus den Fegfeuer kämen. 13) Wenn diejenigen, so zu Verwaltern derer Spithäler und anderer Stifftungen gesetzet sind, solche wider den Willen des Stiffters verwalten, und das verordnete Allmosen oder Beherbergung nur denen Mönchen und andern geistlichen Personen angedeyen lassen, die andern Armen aber unter allerhand nichtigen Prætext abweisen, oder mit allzu schlechter Speise und Quartier versehen, damit sie nicht wieder kommen mögen, das Einkommen aber zu ihren eigenen Nutzen verwenden. 14) Wenn sie ihre Breviaria, worinnen ihre horæ[61] canonicæ stehen, zumahl auf Reisen verkauffen, oder solche verlohren zu haben, oder daß sie ihnen gestohlen worden, vorgeben, damit sie nur ihre horas nicht lesen dürffen, nach dem Schluß der H. Versammlung zu Rom: Amisso vel ablato Breviario, non tenetur Presbyter officio. 15) Wenn sie an Orten, wo starcke Wallfahrten hingehen, e.g. zu Loretto, ihre Leute in der Capelle und Kirche herum schicken welche die Anwesenden zu reichlicher Gebung der Allmosen und fleißig Meß lesen zu lassen, antreiben, und dahero viele Messen bezahlt annehmen, die sie doch wegen der Menge derselben ohnmöglich alle halten können. 16) Wenn sie die Krancken besuchen und ihnen Wein, Wasser, oder sonsten etwas zu ihrer Stärckung mitbringen, welches im Nahmen des Heiligen oder Heiligin, denen sie Wunder zu schreiben, gesegnet sey, und so nun der Krancke wieder gesund wird, alsdenn dessen Genesung ihren Heiligen beymessen, da doch öffters Patienten, denen die berühmtesten Medici das Leben abgesprochen, dennoch aus natürlichen Ursachen wieder zurecht kommen; ja wenn sie sich deshalben von denen die gesund worden Zeugnisse geben lassen, und darauf solches in Predigten, Schrifften, oder auf andere Weise ausbreiten. 17) Wenn sie diejenigen so eine Reise zu thun vorhabens sind, besuchen und sie bereden, ein Gelübde an diesen oder jenen Heiligen ihrer Kirche zu thun, damit, wenn der Reisende in Gefahr geräth und glücklich daraus kommt, solches ihren Heiligen zugeschrieben und die Leute also zur Verehrung dererselben desto[62] mehr angereitzet werden, die Mönche aber ihren Beutel desto besser spicken mögen. 18) Wenn sie denen Kindern in denen Catechismus examinibus allerhand falsche Histörgen von den Wunderwercken dieses oder jenes Heiligen beybringen, damit ihnen die Verehrung derselben von Jugend auf eingepräget, und die Menschen also bey erwachsenen Jahren destomehr in der Blindheit erhalten werden, weil sie von Jugend an nicht anders sind unterrichtet worden, und nichts mehr im Gedächtniß bleibet noch einen grössern Eindruck in die Seele hat, als was man in der Jugend gelernet 19) Wenn sie einige Leichname ihrer vorgegebenen Heiligen unverweset zeigen, e.g. die Leiber der H. Rosa von Viterbo, der H. Clara von Monte Fiascone und der H. Catharina zu Boulogne, und daraus ein besonder Wunderwerck machen, da sie doch nur balsamiret sind und dadurch von der Verfaulung verwahrt bleiben. 20) Wenn sie denen Leuten weiß machen, die sogenannten pecceta venialia, oder läßliche Sünden, würden durch das Zeichen des Creutzes und durch Besprengung des Weyhwassers getilget, halten also dieselben von der wahren Busse ab. 21) Wenn sie, vornehmlich in Italien, ihre Pontisicial-Feste, unter dem Vorwand, daß solche zur Ehre GOttes und der Heiligen gefeyert würden, doch bloß und alleine um ihrer eigenen Ehre, Stoltz, Pracht und Wollust willen halten. 22) Wenn sie in Italien zulassen daß vornehme Herren, Fest-Tage in den Kirchen, unter dem Schein als wenn sie gewissen Heiligen zu Ehren angestellet würden,[63] halten, da doch solches nur ihrer Liebsten zu Ehren, nehmlich deren Nahmens-Fest zu begehen, geschiehet, und die Mönche einen guten Profit davon haben. Wie zum Exempel einer von dem Geschlechte Carpegna das Fest der H. Agnes in der Kirche della Pace, feyern ließ, indeme seine Liebste Agnes Victorini hiesse. 23) Wenn sie gewisse Brüderschafften anordnen (welches Gesellschafften von Personen sind, die sich durch Anstifftung der Pfaffen zusammen verbinden, GOtt, die Maria, oder einen andern Heiligen zu gewissen Zeiten andächtig und auf eine besondere Art zu verehren) da ein jeder, so in die Zahl der Brüder will aufgenommen werden, einen Thaler pro inscriptione und jährlichen einen Thaler pro renovata inscriptione, wie sie es nennen, und dann monathlich noch etwas zu denen Wachs-Kertzen so in der Capelle der Brüderschafft angezündet werden, geben muß, und weil sich viele wegen der Messen und Ablasse, so sie empfangen, zu dieser Brüderschafft begeben, so ziehen sie dadurch jährlichen eine grosse Summa Geldes, sintemal ehemals zwantzig Tausend Nahmen in dem Register der Brüderschafft von H. Scapulier der Carmeliter zu Meyland, gestanden, und in der grossen Brüderschafft des Rosen-Creutzes S. Johannis und S. Pauli zu Venedig viertzig Tausend Brüder seyn sollen. 24) Wenn sie bey der Brüderschafft des H. Francitci den Strick, den ein jeder Bruder um den Leib tragen muß, mit vielen Ceremonien und Beten weyhen, und vorgeben, daß er hernach die Krafft hätte, die geringen und läßlichen Sünden zu tilgen,[64] den Teufel zu vertreiben, die Versuchung des Fleisches zu überwinden, und was dergleichen mehr. 25) Wenn die Carmelitter-Mönche ihre alten Kutten in kleine Stückgen zerschneiden und solche verkauffen, mit dem Vorgeben, daß jeder, so dergleichen an sich trage, Vergebung der Sünden habe, in keiner Todt-Sünde sterbe und aus dem Fegfeuer bald erlöset werde. 26) Wenn sie an statt hundert Messen, wovor sie das Geld bekommen haben, nur eine Messe mit Zuziehung des Diaconi und Sub Diaconi halten, welches sie die hochfeyerliche- oder Sing-Messe nennen, und dabey vorgeben, daß eine solche Messe so viel, als viele andere gelte, welches sie eine reduction machen heissen. 27) Wenn sie in Predigten ihre Lehren durch gewisse Sprüche aus den Kirchen-Vätern behaupten, welche doch niemalen in denenselben anzutreffen, wie jener Benedictiner-Mönch der von den Ursachen, warum nicht alle Menschen, so die Mariam anbeteten, von ihr erhöret würden, redete, daß solches daher käme, weil sie das Hertz im Gebet nicht zu der Maria erhüben, wie der H. Hieronymus meldete: Si volumus exaudiri a Maria, erigamus corda nostra ad Mariam, da doch dieser Spruch nirgends in Hieronymi Schrifften zu finden ist. 28) Wenn sie die Stellen in den Schrifften der Kirchen-Väter, so nicht in ihren Kram dienen, verfälschen, wie jener Mönch bey Verfälschung eines Orts in Chrysostomo, der sich nicht füglich zu seiner Meynung schicken wollte, sagte: Faciam te bene venire, ich will schon machen, daß[65] es noch gut heraus kommen soll. 29) Wenn sie in ihren Predigten ihre Zuhörer zu reichlicher Einlegung des Allmosens ermahnen, mit Vorgeben, daß solches ein Kennzeichen der Gnaden-Wahl wäre, daß sie desto ehender aus dem Fegfeuer kämen etc. von welchen Allmosen der Prediger allezeit den vierten Theil bekommt. 30) Wenn sie gewisse Weibs-Personen bereden, sich als Beaten oder besonders Heilige, oder als vom Teufel Besessene anzustellen, damit sie hernachmals öffters zu ihnen kommen, oder sie wohl gar bißweilen ins Kloster bringen können, um ihre schändliche Lüste mit ihnen zu vollbringen. 31) Wenn sie Frauens-Personen durch Bedrohung, dieselben in die Inquisition zu bringen, zu unzüchtigen Dingen forçiren. 32) Wenn sie vorgeben, der H. Antonius de Paula sey ein Fürbitter derer unfruchtbaren Weiber, und dadurch verursachen, daß viele derselben zu dessen Grabe kommen und daselbst fruchtbar gemachet werden, nicht zwar durch die Krafft und Fürbitte des H. Antonii de Paula, sondern durch die natürliche Würckung derer Herren Pauliner-Mönche. 33) Wenn der oberste Professor Theol. und der älteste Regent im Kloster bey examinirung eines Novitii in der Latinität bey dem P. Prior vorgeben, daß der Neuling gantz wohl bestanden, ohnerachtet öffters derselbe ein tummer Esel ist. 34) Wenn sie denen Novitiis im Probier-Jahr die Ordens-Pflichten gantz süß und angenehm machen, damit dieselben sich desto eher zum Gelübde verstehen mögen, da doch vermöge derer Ordens-Regeln ein Novitius durch alle Bussen, Fasten und die strengste Disciplin gehen soll.[66] 35) Wenn sie früh morgens unter dem Vorwand, als ob sie Messe lesen, oder einen von ihren Freunden sprechen wollten, ihre Devoten besuchen und mit ihnen ein Frühstück geniessen, worauf sie hingehen die Lebendigen zu beunruhigen um denen Todten Ruhe zu schaffen, das ist, daß sie Geld verlangen vor die Messen, und durch solches ihren Schaden wieder beykommen, wenn sie ihren Devoten kostbare Geschencke gemacht haben. Mehrere Betrügereyen derer Mönche kan man weitläufftig beschrieben finden in des Gavin seinem Passe-par-tout de l'Eglise Romaine, item in der Reise eines gewesenen Catholischen Priesters durch Franckreich und Italien. Schlage auch ferner den Haupt-Theil dieses Betrugs-Lexici nach.


Mittel: 1) Daß die armen Catholicken denen von ihren Pfaffen vorgegebenen Wundern der Heiligen nicht schlechter dings glauben, sondern alles genau untersuchen. 2) Daß sie sich bestreben die Bibel, als das Wort GOttes selbst in die Hände zu bekommen, und daraus die Wahrheit von den Lügen unterscheiden lernen. 3) Daß sie mit Christlichen Protestanten unzugehen suchen. 4) Daß sie auch nur in vielen Dingen ihre eigene Vernunfft zu Rathe ziehen, wodurch sie viele Betrügereyen derer Mönche entdecken werden.

Quelle:
Hoenn, Georg Paul: Fortgesetztes Betrugs-Lexikon, worinnen die meisten Betrügereyen in allen Staenden nebst denen darwieder guten Theils dienenden Mitteln entdecket werden, Dritte Edition, Coburg 1730, [Nachdruck Leipzig 1981], S. 59-67.
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