Vierter Auftritt

[13] Vorige. Die Oberförsterin mit einer Lampe.


OBERFÖRSTERIN. I schönen guten Morgen, Anton – schönen guten Morgen.

ANTON. Danke, liebe Mutter, danke.

OBERFÖRSTERIN. Ausgeschlafen, Anton? Ausgeschlafen? – Ihr geht heute wieder früh aus. Das ist ein Leben! – Keine Ruh und keine Rast.

ANTON. Je nun, was will das sagen? Adieu.

OBERFÖRSTERIN. Warte doch noch – warte. Er geht nach der Tür. Ei, ich will's haben, du sollst warten. Anton kömmt. Ist das nicht ein Wetter! I du mein lieber Himmel!

ANTON. Wird schon hell werden. Adieu, Mutter! Es wird wahrhaftig zu spät.

OBERFÖRSTERIN. Nur einen Augenblick. »Hellwerden?« – Rudolph, treibe, daß der Kaffee kömmt – Rudolph ab. »Hellwerden« sagst du? Der Mond hatte gestern abend einen Hof, Anton. Er war nicht so viel hell, als ein Speziestaler groß ist; dann wird es all mein Tage den andern Tag kein helles Wetter.

RUDOLPH. Hier bringe ich den Kaffee schon, Madam.

OBERFÖRSTERIN. Gut, gut. Nun, Anton – Schenkt ein. Geschwind, trink ein Schälchen, Anton.

ANTON. Ich kann nicht. Ach Gott, es ist mir ohnehin heiß genug.

OBERFÖRSTERIN. Was heiß? Es ist rauhes Wetter. Der Kaffee wärmt den ganzen Menschen – trink nur! Sie zwingt ihm eine Schale auf. Hast du auch die Brust gut verwahrt, Anton? Sie knöpft ihm, indes er trinkt, die Weste bis an den Hals zu, die Flinte liegt ihm im Arme, er hat den Hut auf. Ei, so laß doch die Knöpfe zu, Anton![13] Was das für eine alberne Mode ist! Da wird der Magen verkältet, die Gesundheit nicht konserviert, und das junge Volk stirbt hin. Die Brust verwahrt, die Brust verwahrt! Das war eine goldne Regel bei uns Alten! – Nun trinkst du noch eine.

ANTON mit dringender Eil. Mutter, ich muß wahrhaftig fort.

OBERFÖRSTERIN. Nun, so geh. Höre – wenn Riekchen nur ein paar Tage da ist, so soll sie dir ein Leibchen nähen. Da, nimm das Tuch, halt den Hals hübsch warm – hörst du?


Quelle:
August Wilhelm Iffland: Die Jäger. Stuttgart 1976, S. 13-14.
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