Fünfter Auftritt.

[135] Ludwig. Jakob.


LUDWIG. So ein liebes Fräulein!

JAKOB. Und so eine bitterböse gnädige Mama.

LUDWIG. St! – Kommt sie?

JAKOB. Ich höre nichts.[135]

LUDWIG. Doch! – hörst du? – Das war ihr Morgenhusten! – Das Nachtlicht aus! fix!

JAKOB. Hat Zeit! – Auf der zweiten Treppe kriegt sie allemal erst den Schwindel. Er löscht es aus.

LUDWIG. Auf der ersten –

JAKOB. Nein, auf der zweiten. – Paff! – das war das Spazirstöckchen! Jetzt ruht sie – nun Gnade Gott dem, den sie vor Augen hat.

LUDWIG. Wie man nur so böse sein kann bei so feinen Nerven?

JAKOB. Narr! die feinen Nerven kommen von der Bosheit.

LUDWIG. Manchmal – thut sie so – so – wie gut.

JAKOB. Ja – Abends um sechs Uhr im Besuchzimmer. – Aber vorher! daß dich alle Tausend! Da sollte man meinen, sie müßte Nerven haben, wie Strohseile, so holt sie alles herum – Koch, Kutscher, Gärtner und alles! So lange sie sich so in der Grobheit mit uns gemein macht – spricht sie Deutsch wie unser einer – der Herr Graf Christoph auch.

LUDWIG. Wenn sie aber unter einander sind, unsre Herrschaft und die Frau Baronesse Salome, dann wissen sie sich auf die deutschen Wörter nicht recht mehr zu besinnen; dann wickeln sie sich ein, hüsteln, trippeln, sprechen wie Klagleiern, und sind so dünn und fein wie alte Medizingläser.

JAKOB hört gehen, – fährt zusammen und ordnet die Meublen. Seht euch nicht um, der Wolf geht um!


Quelle:
August Wilhelm Iffland: Theater. Band 4, Wien 1843, S. 135-136.
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