Fünfter Auftritt.

[259] Baronesse. Figaro.


BARONESSE geht an des Grafen Baptist's Thüre. Herr Figaro! Herr Figaro!

FIGARO kommt heraus.

BARONESSE. Dank, Dank! – Sie hatten Recht; ich habe mir den Verhaftsbefehl ertrotzt.

FIGARO. Darf ich ihn Bardenrode zeigen, damit er sehe, daß er von Ihnen etwas zu erwarten habe?

BARONESSE gibt ihn Figaro. Ganz wohl! ganz recht! – Noch eins! Die Garantie ist mir im Wege. Die Grafen glauben, meiner nicht länger zu bedürfen. – Sie lachen meiner Drohungen, da ich gesichert bin, und nun nicht klagen kann. Ich habe die Garantie geläugnet.

FIGARO. Doch Bardenrode –

BARONESSE. Muß läugnen, daß er sie gegeben habe.

FIGARO eine Weile nachdenkend. Das thut er nicht.

BARONESSE. Wenn Sie ihn bitten?

FIGARO. Sie kennen seine ängstliche Gewissenhaftigkeit. Das thut er nicht! – Pah! was läge auch daran? Die Grafen fürchten sich dennoch.

BARONESSE. Nein, nein! – Und eben das macht Greif so kühn. Da – sagen Sie – ich dächte zu edel, in der Ueberraschung ihm etwas abzudringen, und geben Sie die Garantie für erst zurück. – Dann kann ich um so strenger die Grafen –[259]

FIGARO. Zurück! – Das ist gewagt.

BARONESSE. Nicht im geringsten – wenn Sie mit Wortgepränge von Edelmuth die That im Preise und mich im Vortheil halten.

FIGARO. O, wir werden sie im Preise halten, darauf verlassen Sie sich fest! – Noch eins! – Man muß auch gegen die Schwächsten nicht allzu sicher sein. Wer einmal lang gewohnte Herrschaft abgeworfen hat, versucht es öfter, und – ist's nicht Greif – so wird's ein anderer. Einer ergreift doch den Zügel wieder, Frau Baronesse. – Was ich vorschlagen will, wäre ein kühner, kühner Griff.

BARONESSE. Wenn er nur heilsam ist.

FIGARO. Wie? – wenn wir nun auf gute Art die Grafen mundtodt machten?

BARONESSE lächelnd. Noch mehr, als sie es schon sind? – Recht gern. – Doch wie?

FIGARO. Wenn man sie disponiren könnte, der Regierung sich gänzlich – und auf immer zu begeben? –

BARONESSE. Zu meinem Vortheil? – Das wäre ein Meisterstreich. – Allein ihr Stolz –

FIGARO. Wer weiß! – Die Grafen sind im ersten Schrecken; ich mache den Antrag, daß Sie ganz und gar der lästigen Regierung sich begeben.

BARONESSE. Figaro, der Gedanke ist groß! – Bekümmert. Doch Bardenrode? –

FIGARO. Bardenrode? –

BARONESSE. Da scheitert alles.

FIGARO. Den können wir mit der Ehelosigkeit der Grafen – der Erbschaft – und – ist noch ein Funken Leidenschaft in ihm – mit Leopoldinen –[260]

BARONESSE. Figaro – wenn Sie das möglich machen –

FIGARO. In einer halben Stunde muß sich's weisen: wir müssen durch Ueberrumpelung gewinnen.

BARONESSE. Ja, eilen Sie, Figaro! – Ach –

FIGARO. Wenn sich die Grafen dazu geneigt erweisen, so lasse ich sie es gleich unterschreiben. Zweimal husten, wenn wir beide zusammen kommen, im Fall wir nicht allein wären, ist das Zeichen, das alles geht wie es gehen soll. Dann eilen Sie mit der Bestätigung, ehe Greif, der mich verfolgt, es hintertreibt – und Bardenrode sich besinnt.

BARONESSE. Reussirt die Sache – so wird Greif der Prozeß gemacht – sein Vermögen konfiscirt – und Ihnen übergeben. Jetzt will ich, den Pöbel zu gewinnen, meine Hausapotheke zum Gebrauch des Volkes dem Schulzen schicken, und ein paar Bettelkinder kleiden lassen. Geht ab.

FIGARO allein. Allons, mein Freund! Behendigkeit und Glück, jetzt spielst du großes Spiel!


Quelle:
August Wilhelm Iffland: Theater. Band 4, Wien 1843, S. 259-261.
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