Zehnter Auftritt.

[218] Vorige. Lieutenant Stern.


LIEUTENANT. Weg da – Bösewicht!

HERR VON WALLENFELD tritt zurück.

LIEUTENANT. Wagst du es, dein Lasterherz an diese tugendhafte Brust zu drücken? Großes Unglück, Marie, fordert Entschlossenheit. Laß ihn und folge mir.

FRAU VON WALLENFELD. Ich kann nicht –

LIEUTENANT. Wie?

FRAU VON WALLENFELD. Ich darf nicht.

LIEUTENANT. Marie, du weißt nicht, wer er ist.

FRAU VON WALLENFELD. Ich weiß es. Es tritt jetzt alles von ihm zurück; er ist nun ganz allein; er ist in die weite Welt hinaus geworfen, wo keine Stimme ihm mehr zuruft: wie kann ich ihn verlassen?[218]

LIEUTENANT. Du bist Mutter –

FRAU VON WALLENFELD. Und Frau!

HERR VON WALLENFELD erschüttert. Marie, folge deinem Vater – Er ist gerecht, ich verdiene deine Liebe nicht.

FRAU VON WALLENFELD. So nimm mein Mitleiden an. Ich will dich nicht mehr sehen, wenn es sein muß – Wenn Ihr ernstes Wort mein Gelübde zerreißt – und wenn du dich losreißen kannst – so will ich mich trennen; aber erst will ich dich retten! Vater, das ist Menschenpflicht –

LIEUTENANT. Er achtet keine.

FRAU VON WALLENFELD. Aber er Bedarf ihrer. Fritz, rette dich – Mit diesem erstatteten Gelde ist das Verbrechen von deiner Seele genommen: eine Narbe bleibt in der Erinnerung, und diese hüte dich, daß du nie wieder fallest.

HERR VON WALLENFELD. Vater, muß ich mich von diesem Himmel ausschließen? Sie kennen den Menschen – entscheiden Sie – ich wage es nicht – kann ich Marien Besserung geloben?

LIEUTENANT. Marie, wenn du ihm folgst, wenn du selbst deine Ehre zweideutig machst – was soll die Welt von dir und mir denken? Aus dir weint weichliche Liebe – aus meinen alten Augen drängen Ehre und Tugend heiße Tropfen herab – du hörst mich nicht? Nun, so baue denn dein Heil auf Spiegelgelübde, gib mir dein Kind, und laß mein Herz brechen über dem Verlust deiner Ehre!

HERR VON WALLENFELD. Nein, Marie! Lebe wohl! Er geht; indem begegnet ihm Karl.


Quelle:
August Wilhelm Iffland: Theater. Band 3, Wien 1843, S. 218-219.
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