Erster Auftritt.

[3] Horfmann. Neurath komplimentiren sich im Eintreten.


NEURATH. Ich habe zu bitten –

HORFMANN. Wird nicht geschehen.

NEURATH. Ich weiß, was Ihnen von nun an gebührt, Herr Haushofmeister!

HORFMANN. Ihr gehorsamster Diener, Herr Gerichtshalter! Künftig wie bisher.

NEURATH tritt ein und geht vor.

HORFMANN. Also ist nun alles in Richtigkeit. Herr von Delomer haben wirklich das hochgräfliche[3] Gut Ihro Excellenz dem Herrn Grafen Warbing abgekauft?

NEURATH. Alles richtig. Heute, als an des jungen Herrn Baron von Dominique Geburtstage wird die förmliche Uebergabe hier auf dem Schlosse vor sich gehen.

HORFMANN. Gewiß?

NEURATH. Ganz gewiß. Die. gräfliche Herrschaft ist deshalb unterweges.

HORFMANN. Der junge Herr von Dominique wissen gar nichts davon, daß Ihr Herr Schwiegervater, der Herr Baron von Delomer, das gräfliche Gut kaufen, darauf schwöre ich.

NEURATH. Es soll ja auch alles eine Ueberraschung für ihn seyn.

HORFMANN. Freylich! Es wundert mich nur, daß Ihr Herr Graf das schöne Gut aus der Hand geben.

NEURATH. Was ist zu machen! Wir haben viele Schulden; zudem bezahlt uns der Herr von Delomer das Gut weit über den Werth.

HORFMANN. Je nun! Er kann zahlen.

NEURATH. Das will ich meinen. Ey ja! solche Emigranten, wie die Herren Barone von Delomer und von Dominique, lasse ich mir gefallen. Herren der Art hätten gar nicht genug nach Deutschland kommen können.[4]

HORFMANN. Der Herr Graf sind wohl recht froh über den Verkauf?

NEURATH. O ja. Aber die Frau Gräfin sind, ihrerseits, wüthend über den Verkauf. Sie haben gestern Abend dermaßen darüber gezankt, daß man es hinten am Ende des Schloßgartens gehört hat. Bis gegen Morgen um drey Uhr haben sie gebellt; da wäre ihnen endlich die Stimme ausgegangen, sagt die Kammerfrau, und so hätte es Ruhe gegeben.

HORFMANN. Was haben denn die Dame gegen den Verkauf?

NEURATH. Es ist ein altes Stammgut; ferner, merke ich wohl, sind bey dem Verkauf noch Separatartikel geschlossen, die ich nicht erfahrt. Darüber besonders mag der Lärmen losgehen.

HORFMANN. Ueberhaupt sind die gnädige Gräfin kaltsinnig und manchmal recht spitzfindig gegen unsere Herrschaften.

NEURATH sucht die Achseln.

HORFMANN. Woher kommt das?

NEURATH legt den Finger auf den Mund.

HORFMANN. Nun, wir kennen ja einander, und – brauchen einander noch.

NEURATH. Freylich! – Sehen Sie, Herr Horfmann! das kommt von den respektiven Unterschied. Das hochgräfliche Haus Warbing ist uralt.[5]

HORFMANN. Weiß es, liebster Herr Neurath! – Sie stammen noch von vor Christi Geburt her –

NEURATH. Nun eben darum! – Mit dem braven Herrn von Delomer, und dem guten Herrn von Dominique, weiß man doch nicht recht, woran man ist.

HORFMANN. Wie so?

NEURATH. Mit ihrem Adel, will ich sagen. – Es ist erstlich ein Französischer Adel. Zweytens hat man doch auch weiter noch keine Dokumente darüber gesehen.

HORFMANN. Die sollen ja in der Revolution mit verbrannt seyn.

NEURATH. Ja, ja! – Es nennt sich aber jetzt alles, was über die Grenze kommt, Monsieur de – und ein ächter, gerechter Monsieur de – gilt wahrhaftig immer noch nicht so viel, als hier – bey uns in Deutschland ein Herr von und zu.

HORFMANN. Das versteht sich. Aber wie der alte Herr von Delomer sagt, so liegt das Von in Bretagne.

NEURATH. Da sind sie davon gegangen.

HORFMANN. Richtig! Nun ihr zu beweisen die Kapitalien, womit sie sich ankaufen.

NEURATH. Der junge Herr von Dominique sind gar nicht hoffärtig; die sprechen gar nicht von ihrem Stammhause und Adel.[6]

HORFMANN. Sie sind überhaupt ein stiller, mäßiger, guter Herr; wenn der Papa, der Herr von Delomer, so recht hoch gehen, betrüben sich der Herr von Dominique darüber.

NEURATH. Das sagt man. Kurios!

HORFMANN. Ich habe es dem Kinde beygebracht, zum Herrn von Delomer immer – Gnädiger Großvater! zu sagen; darüber hat er mich recht angefahren. Er ist ein wahrer Landmann, so auch die junge gnädige Frau. Aber der alte Herr von Delomer, die gehen sehr hoch und ins Große.

NEURATH. Freylich? Der Herr von Delomer sollen aber für gewiß zu Paris ehemals Handel und Wandel getrieben haben.

HORFMANN. So? Du mein Gott! Herr Neurath – wir wissen ja, wie es jetzt in der Welt geht. Jedermann handelt; alles ist feil, und jedermann läßt sich behandeln. Uebrigens sollen der Papa, der alte Herr von Dominique, wie der Herr von Delomer sagt, ein respektabler Kavalier seyn, und noch jetzt in Bretagne hausen.

NEURATH. Nun – was geht es uns an, wovon? Sie haben, wozu. Es sind eben Emigrirte, sie haben baar Geld geflüchtet; das öffnet ihnen Thüren und Herzen; also muß man es so genau nicht nehmen.[7]

HORFMANN. Es muß ihnen indeß bey uns in Deutschland wohl so gut gefallen, als in ihrem hochseligen Frankreich, denke ich.

NEURATH. Ey, es kauft sich ja überhaupt hier bey uns an der Ostsee Jedermann mit Land und Leuten an, der nur Geld hat.

HORFMANN. Leider! Gott sey es geklagt! müssen die fort ziehen, die kein Geld mehr haben.

NEURATH. Wenn nur das Geld bleibt! das Geld ist die Hauptsache; die Menschen mögen fallen oder aufstehen, gehen oder kommen; wo Geld ist, da sind wir beide gut.


Quelle:
August Wilhelm Iffland: Das Erbtheil des Vaters. Leipzig 1802, S. 3-8.
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