Siebenter Auftritt.

[127] Delomer. Madam Dominique.


MADAM DOMINIQUE. Sind Sie sehr eilig, lieber Vater –

DELOMER. Ja!

MAD. DOMINIQUE. Mein Mann wünscht, daß ich –

DELOMER. Und dein Vater verlangt diesen Augenblick. Gieb mir den Vorzug! Du weißt, daß davon in sechs Jahren niemals die Rede war –

MADAM DOMINIQUE niedergeschlagen. Befehlen Sie –

DELOMER herzlich. Du weißt, daß ich deinen Mann so zärtlich liebe, als dich.

MADAM DOMINIQUE. Sie geben uns jeden Tag Beweise davon. Wir können das kostbare Geschenk, was Sie heute geben, nicht inniger verehren; als jeden liebevollen Blick, den Sie uns schenken.

DELOMER. Julie! belohne deinen Vater für seine Liebe!

MADAM DOMINIQUE. Kann ich das? Sagen Sie mir schnell, wodurch? Sie faßt seine beiden Hände.[128]

DELOMER. Durch ein Versprechen, was ich von dir unbedingt fordere.

MADAM DOMINIQUE zieht unwillkührlich eine Hand zurück. Ein Versprechen?

DELOMER. Du wankst?

MADAM DOMINIQUE. Mein Herz wankt nicht, und Ihr Herz, lieber Vater, hat gewiß bedacht, daß ich Pflichten habe –

DELOMER. Die Pflicht für deinen Vater ist die ältere. Gelobe mir, daß du mich nie verlassen willst!

MADAM DOMINIQUE erschrocken. Mein Gott! Ist denn davon die Rede?

DELOMER. Gieb mir dein kindliches Gelübde!

MADAM DOMINIQUE mit Herzensangst. Was kann uns trennen?

DELOMER sehr weich. Julie! laß mich nicht allein und fern von dir sterben! Mit Wehmuth. Versprich es mir, daß deine Hand meine Augen schließen soll!

MADAM DOMINIQUE rasch und herzlich. Ja, das verspreche ich.

DELOMER umarmt sie. So! – Nun ist alles gut.

MADAM DOMINIQUE. Was steht mir bevor! O lassen Sie mich alles wissen! Ich beschwöre Sie darum.[129]

DELOMER. Du hast mir jetzt die Ruhe meines Lebens gegeben. Nun geh ohne Sorge deinen Geschäften nach!

MADAM DOMINIQUE geht schwermüthig, kommt zurück. Ich darf meinem Manne sagen, was unter uns vorgegangen ist?

DELOMER leicht. Wozu ist das nöthig?

MADAM DOMINIQUE. Ich habe nie ein Geheimniß vor ihm gehabt.

DELOMER. Glaubst du, daß dein Mann dein Gelübde mißbilligen würde?

MADAM DOMINIQUE. Warum fordern Sie nicht dasselbe von ihm?


Quelle:
August Wilhelm Iffland: Das Erbtheil des Vaters. Leipzig 1802, S. 127-130.
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