Funfzehnter Auftritt.

[153] Dominique Vater. Delomer. Das Kind.


DELOMER wirft sich in einen Stuhl.

DOMINIQUE V. geht mit dem Kinde umher, herzt und drückt es an sich. Armer Wurm! – Du liebes Püppchen du! Er setzt sich mit ihm.[153]

DAS KIND. Warum weinst du, Großpapa?

DOMINIQUE V. setzt das Kind in den Stuhl, sieht Delomer an, sieht das Kind an; er küßt es und geht dann zu Delomer, dem er mit vielem Ansehen sagt. Es giebt Fragen, Herr Delomer, die ein Vater an seine Kinder gar nicht thun darf. Nein, gar nicht darf. Verstehen Sie mich?

DELOMER schwach. Meine Lage fühlt Niemand.

DAS KIND geht auf die andere Seite zu Delomer. Gnädiger Großpapa, sind Sie krank?

DOMINIQUE V. Recht krank. Mache ihn gesund – sage ihm: – Großpapa, sieh mich armen verhandelten Jungen an – sey nicht gnädig; aber werde gerecht, und verkaufe mich nicht, so sind wir alle reiche Leute.

DELOMER. O Gott! Umarmt das Kind.

DAS KIND macht sich von ihm los. Wollen Sie mich verkaufen, Großpapa? Weint. Ich habe Ihnen ja nichts zu Leide gethan. – Bitte, Großpapa! – Verkaufen Sie mich nicht! Bitte, bitte.

DELOMER springt auf und bedeckt das Gesicht.

DAS KIND. Ich bitte den Vater, der läßt mich nicht verkaufen. Mama auch nicht. Läuft fort.

DELOMER. Höre mich an!

DOMINIQUE V. hält ihn auf. Bleibe da!

DAS KIND. Nein, nein! laß mich zum Vater, zum Vater![154]

DOMINIQUE V. hebt ihn auf. So wahr ich ein ehrlicher Mann bin, du wirst nicht verhandelt. Ich gebe es nicht zu, so wahr mit Gott gnädig seyn soll.

DELOMER. Unmenschen seyd ihr an meinem Herzen und meinem ehrlichen Willen.

DOMINIQUE V. Schlinge deine Arme um meinen grauen Nacken, halte mich fest, laß mich nicht los! Herr Delomer, – das Kind macht mich zum Kinde – Ich schlage Ihnen einen Handel vor, und biete alle Procente, die ich habe – Geben Sie den Grafenhandel auf, daß der arme Junge frisch und wohlgemuth heranwachse. Geben Sie das Gut zurück, verlieren Sie Geld, und retten Sie das Kind – dann will ich – ja ich will hier bleiben, so lange – bis Sie selbst nach dem Segen des Vaterlandes verlangen. Wollen Sie aber auf der Heirath bestehen, so trete ich, mit dem Kinde auf dem Arme, vor seinen Vater und Mutter hin – erzähle den Handel, wovon sie, so wahr ich ein ehrlicher Mann bin, noch kein Wort wissen. Wenn wir alle drey unsere Hoffnung umschlungen haben, so will ich einmal sehen, ob die Natur in Ihnen nicht Meister wird über Ihre Pergamente und Sie in unsre Arme führt? das will ich einmal sehen.

DELOMER zitternd für Freude, die er, weil er innlast betroffen ist, nicht laut außern kann. Du willst bey uns bleiben? ist das ein Wort?[155]

DOMINIQUE V. reicht ihm die Hand. Wenn die Heirath zurückgeht, ja!

DELOMER. Kann ich mich darauf verlassen?

DOMINIQUE V. Ich habe den Handschlag darauf gegeben.

DELOMER. Kleiner! lauf und hole deinen Vater daher – Und daß er gleich käme! gleich!

DAS KIND geht ab.

DOMINIQUE V. Herr Delomer! ich habe das Kind so theuer erkauft, als ich kann; daher mache ich die ausdrückliche Bedingung: unsre Kinder müssen nie erfahren, daß von einer solchen Heirath die Rede war. Das könnte Ihnen sonst großen Schaden thun.


Quelle:
August Wilhelm Iffland: Das Erbtheil des Vaters. Leipzig 1802, S. 153-156.
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