[386] Sosias. Feldherren. Amphitryon.
SOSIAS.
Hier seht Ihr alles Herr, was ich an Gästen
In solcher Eil zusammenbringen konnte.
Mein Seel, speis ich auch nicht an Eurer Tafel,
Das Essen hab ich doch verdient.
AMPHITRYON.
Ah sieh! da bist du.[386]
SOSIAS.
Nun?
AMPHITRYON.
Hund! Jetzo stirbst du.
SOSIAS.
Ich? Sterben?
AMPHITRYON.
Jetzt erfährst du, wer ich bin.
SOSIAS.
Zum Henker, weiß ich's nicht?
AMPHITRYON.
Du wußtest es, Verräter?
Er legt die Hand an den Degen.
SOSIAS.
Ihr Herren, nehmt euch meiner an, ich bitt euch.
ERSTER FELDHERR.
Verzeiht!
Er fällt ihm in den Arm.
AMPHITRYON.
Laßt mich.
SOSIAS.
Sagt nur, was ich verbrochen?
AMPHITRYON.
Das fragst du noch? – Fort, sag ich euch, laßt meiner
Gerechten Rache ein Genüge tun.
SOSIAS.
Wenn man wen hängt, so sagt man ihm, warum?
ERSTER FELDHERR.
Seid so gefällig.
ZWEITER FELDHERR.
Sagt, worin er fehlte.
SOSIAS.
Halt't euch, ihr Herrn, wenn ihr so gut sein wollt.
AMPHITRYON.
Was! Dieser weggeworfne Knecht soeben
Hielt vor dem Antlitz mir die Türe zu.
Schamlose Red' in Strömen auf mich sendend,
Jedwede wert, daß man ans Kreuz ihn nagle.
Stirb, Hund!
SOSIAS.
Ich bin schon tot.
Er sinkt in die Knie.
ERSTER FELDHERR.
Beruhigt Euch.
SOSIAS.
Ihr Feldherrn! Ah!
ZWEITER FELDHERR.
Was gibt's?
SOSIAS.
Sticht er nach mir?
AMPHITRYON.
Fort sag ich euch, und wieder! Ihm muß Lohn
Dort, vollgezählter, werden für die Schmach,
Die er zur Stunde jetzt mir zugefügt.
SOSIAS.
Was kann ich aber jetzt verschuldet haben,
Da ich die letzten neun gemeßnen Stunden
Auf Eueren Befehl im Lager war?
ERSTER FELDHERR.
Wahr ist's. Er lud zu Eurer Tafel uns.[387]
Zwei Stunden sind's, daß er im Lager war,
Und nicht aus unsern Augen kam.
AMPHITRYON.
Wer gab dir den Befehl?
SOSIAS.
Wer? Ihr! Ihr selbst!
AMPHITRYON.
Wann? Ich!
SOSIAS.
Nachdem Ihr mit Alkmenen Euch versöhnt.
Ihr wart voll Freud und ordnetet sogleich
Ein Fest im ganzen Schlosse an.
AMPHITRYON.
O Himmel! Jede Stunde, jeder Schritt
Führt tiefer mich ins Labyrinth hinein.
Was soll ich, meine Freunde, davon denken?
Habt ihr gehört, was hier sich zugetragen?
ERSTER FELDHERR.
Was hier uns dieser sagte, ist so wenig
Für das Begreifen noch gemacht, daß Eure Sorge
Für jetzt nur sein muß, dreisten Schrittes
Des Rätsels ganzes Trugnetz zu zerreißen.
AMPHITRYON.
Wohlan, es sei! Und eure Hülfe brauch ich.
Euch hat mein guter Stern mir zugeführt.
Mein Glück will ich, mein Lebensglück, versuchen.
Oh! hier im Busen brennt's, mich aufzuklären,
Und ach! ich fürcht es, wie den Tod.
Er klopft.
Ausgewählte Ausgaben von
Amphitryon
|
Buchempfehlung
Der Waldbrunnen »Ich habe zu zwei verschiedenen Malen ein Menschenbild gesehen, von dem ich jedes Mal glaubte, es sei das schönste, was es auf Erden gibt«, beginnt der Erzähler. Das erste Male war es seine Frau, beim zweiten Mal ein hübsches 17-jähriges Romamädchen auf einer Reise. Dann kommt aber alles ganz anders. Der Kuß von Sentze Rupert empfindet die ihm von seinem Vater als Frau vorgeschlagene Hiltiburg als kalt und hochmütig und verweigert die Eheschließung. Am Vorabend seines darauffolgenden Abschieds in den Krieg küsst ihn in der Dunkelheit eine Unbekannte, die er nicht vergessen kann. Wer ist die Schöne? Wird er sie wiedersehen?
58 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.
468 Seiten, 19.80 Euro