Vierte Szene


[1133] Garten.

Infantin und Lilla.


INFANTIN. Ha! Ha! Er ist gestürzt, ist in den Hecken hängengeblieben.

LILLA. Und hat der Isabella nachgejagt, hat sie kriegt, in die Arme gefaßt, hast du's gesehn? Die hat uns den Spaß verdorben. Was sie nur reden, möcht ich wissen.

INFANTIN. Freilich! Freilich! Da kommt er gut an.

LILLA. Wer weiß.

INFANTIN. Denk! Er hat die Nacht wie unsinnig von seinen grausen Liebesliedern vor meinem Fenster geheult. Zärtliche Worte gerufen und dann wieder erschrecklich geflucht.

LILLA. Er handelt wie ein Faun. Ganz natürlich so. Aber, daß er hübsch ist, das ist wahr. Schade, daß er ein Heide ist, und so faunisch, man kann ihn gar nicht bändigen, aber hübsch ist er.

INFANTIN. Wenn Grisaldo nicht da ist, wirklich hübsch. Aber zu wild.

LILLA. Das wär's eben, was mir gefiel. Wenn er nur eine Zeit in Valladolid wäre, wir wollten ihn schon verfeinern.

INFANTIN. Möchtest du? Ist denn der Grisaldo verliebt in dich? Gesteh nur!

LILLA. Ich weiß nicht, ich mag's nicht wissen. So! So!

INFANTIN. Hab ich dich?

LILLA. Glaube nur nicht. Ja man fängt die Lilla nicht so. O ich hab heute eine Freude, eine Herzensfreude mit ihm gehabt. Denk nur, er mußte alle Kinderspiele mit mir spielen, die ich nur aufsingen konnte. Glaub, wie ich mich fühlte! O ich war dir naseweis, schnüppisch, keck, wenn er was versah, pfetzte ich ihn, und gab ihm Backenstreiche.

INFANTIN. Die ihm nicht weh taten.

LILLA. Er ertrug alles. Es war scharmant.

INFANTIN. Ich will's ja nicht wissen. Ich hab eine neue Eroberung gemacht.

LILLA. An wem?[1133]

INFANTIN. Don Malvizino.

LILLA. Hat sich der Starrkopf einmal einfallen lassen, unsere Narren zu vermehren. Nu!

INFANTIN. So! So!

LILLA. Red, Liebchen! Ein schöner praußender Mann! Pah!

INFANTIN. Meinst du, was mit der Isabelle werden wird?

LILLA. Ich bin ihr nur halb gut.

INFANTIN. Aber es war doch edel von ihr.

LILLA. Und mit all dem hätt sie uns um den General gebracht.

INFANTIN. Uns, Lilla?

LILLA. Himmel! Himmel! Bastiano kommt, ich hör den Prinzen.

INFANTIN. Lauf! Ab.


Prinz Zifaldo. Isabellen in seinen Armen.


ISABELLA. Laßt mich!

PRINZ ZIFALDO. Dich, schöne Huri! Dich meine süße Beutel! Bin der Mauren Prinz, und liebe dich.

BASTIANO. Prinz!

PRINZ ZIFALDO. Einen Wagen, Bastiano, ich will mit dem Mädchen spazierenfahren.

BASTIANO. Auf mein Landhaus, Prinz!

PRINZ ZIFALDO. Recht gut! Nur hurtig!

ISABELLA. Laßt mich meinem Schmerz, Grausame.

PRINZ ZIFALDO. Wie? Deinem Schmerz? Die du aller Welt Freude verdienst! Ich will dich eben um deinen Schmerz bringen, schönste Huri! O ich halte fest, was ich hab.

ISABELLA. Laßt mich meinem Leiden!

PRINZ ZIFALDO. Freude! Freude! Halt uns zusammen. Du würdest eine Zierde in des Propheten Paradies sein.

ISABELLA. Ihr überwältigt meine Sinne! Ihr betäubt mich! Laßt mich zu Atem kommen.

PRINZ ZIFALDO. O Huri! Huri! In meinen Armen.


Ab.


BASTIANO. Das Ding kann so gut werden. Ich muß nach.

Quelle:
Sturm und Drang. Band 2, München 1971, S. 1133-1134.
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