35. Jean Kåle, der letzte Wendenkönig.
Mündlich.

[35] In der Nähe des Dorfes Seeben, etwa eine Meile von Salzwedel, liegt in der Forst ein Hünenbette, das in länglich viereckiger Gestalt aufgeworfen ist, und auf der westlichen Seite einen Aufgang hat. Früher lag es auf einem freien Platze, aber jetzt ist es mit jungen Fichten bewachsen. Diese Stelle nennt man in der ganzen[35] Gegend Żamkål oder den groten Hansen siin graft. Es lebte nämlich vor uralter Zeit hier ein Riese, oder wie andere sagen, der letzte Wendenkönig, der hieß Jean Kåle, der führte mit den Bewohnern der Umgegend einen gewaltigen Krieg, in dem er endlich getödtet und an der obigen Stelle begraben wurde.

Andere erzählen auch: Jean Kåle lag einst mit der Stadt Salzwedel in Streit, und war eben im Begriff, von seinem Wohnsitz bei Seeben aus einen gewaltigen Granitblock dahin zu schleudern, als ein Strick seiner Schleuder riß und der Stein deshalb in das Cheinesche Moor fiel. Da hat er bis zu diesem Jahre gelegen, wo er zersprengt und zum Bau der neuen Chaussee benutzt wurde.

Quelle:
Adalbert Kuhn: Märkische Sagen und Märchen nebst einem Anhange von Gebräuchen und Aberglauben. Berlin 1843, S. 35-36.
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