3. Auftritt.

[23] Vorige. Scherenk.


SCHERENK.

Mein edler Herr, soeben ruft der Wächter

Vom Schloßturm: eine große Wolke Staub

Erhebt sich auf dem Weg nach Sziklas. Sicher

Sind es die Unsern, die, vom Sieg gekrönt,

Mit der erkämpften Türkenbeute heimziehn.


Zriny geht ans Fenster.


HELENE.

Dank, guter Alter, für die schöne Botschaft!

Dank, tausend Dank! – Sprich, hast du ihn gesehn?

Und lebt er noch, und kehrt er glücklich wieder?

SCHERENK.

Wer, edles Fräulein?

EVA.

Kind, wo denkst du hin?

Der Wächter sah nur eine Wolke Staub,

Vermutet nur, es sei die Schar der Unsern.

HELENE.

Vermutet nur! Ach, könnt' ich oben stehn,

Auf jenen Bergen wollt' ich ihn erkennen,

Aus Tausenden hätt' ihn mein Blick gesucht. –

Wie fängt das Herz gemartert an zu schlagen,

Und alle Qualen, die mir dieser Tag

Auf meine schwache Mädchenseele häufte,

Und alle Angst der schlaflos langen Nacht,

Sie werfen sich im fürchterlichen Bunde

Noch einmal auf dies arme, kranke Herz.[23]

Ach, Mutter! Mutter! schlinge deine Arme

Um dein gequältes Kind; an deiner Brust

Laß mich den Trost, die Hoffnung wiederfinden.

EVA.

Gebiete deinem Schmerze, gutes Mädchen!

Die zarte Jugend hält den Sturm nicht aus.

Helene, schone dich! Du magst ja weinen,

Weine dich aus, nur laß dies kranke Zucken,

Das krampfhaft den bewegten Busen hebt

Und kalte Blitze durch die Augen leuchtet.

ZRINY.

Sie sind's, sie sind's! Da stürmt der ganze Haufen.

EVA. HELENE.

Wo? Wo?

ZRINY.

Den Schloßberg jagen sie herauf.

Held Juranitsch an seiner Reiter Spitze,

Ein türk'scher Roßschweif fliegt in seiner Hand.

HELENE.

Ach, Mutter! Mutter, halte mich, ich sinke!

Der Schmerz hat meinen Augenquell versiegt,

Ich habe keine Thränen für die Freude.

EVA.

Fasse dich, Kind! Du hast ihn wieder.

ZRINY.

Hört ihr's?

Ha, wie die Siegeslieder mächtig schallen!

Die Töne wirbeln ihrer Thaten Ruhm!

Sie sprengen in den Hof – sie sitzen ab.


Durchs Fenster.


Seid mir willkommen, meine wackern Helden!

Seid mir willkommen! Gott und Vaterland

Mag euch den Sieg, den herrlichen, belohnen! –

Scherenk, hinab, laß meine Keller öffnen

Und meine Speisekammern sperre auf:

Die kühne Schar hat der Erquickung nötig.


Scherenk geht ab.


Quelle:
Theodor Körner: Sämtliche Werke in vier Bänden. Band 3, Stuttgart [o.J.], S. 23-24.
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