[153] Hasemann. Rosa.
HASEMANN betrachtet Rosa, wischt sich die Augen, tritt dann zu ihr und berührt ihre Schultern. Rosa!
ROSA erwachend. Wer ruft mich? Du bist es, Vater?
HASEMANN. Ich habe alles gehört.
ROSA. Du weist also, daß er sich von mir trennen, mich verlassen will?
HASEMANN. Ja.
ROSA. Und nicht wahr, du wirst es nicht dulden, du wirst mir zur Seite stehen?
HASEMANN. Es ist doch wohl am Ende das Beste für Euch beide.
ROSA. Das Beste? Das Schlimmste, das Ende wäre es für mich. Ich liebe ihn ja!
HASEMANN. Wen?
ROSA. Ihn, meinen Mann.
HASEMANN freudig erregt. Du liebst deinen Mann? Rosa, Herzenskind, warum hast du ihm das nicht gesagt?[153]
ROSA. Er würde mir ja nicht glauben, mich wieder eine Lügnerin schelten.
HASEMANN erregt auf und ab gehend. Oho, Herr Körner, meine Tochter eine Lügnerin? Wir werden uns das nicht gefallen lassen. Vor Rosa hintretend. Also du liebst ihn – wahr und wahrhaftig?
ROSA. Wahr und wahrhaftig – schon lange.
HASEMANN. Recht hast du – er ist ein kreuzbraver, guter Mann. Komm an mein Herz, Kind, mir ist es, als wenn ich dir nie so gut gewesen wäre, wie jetzt. Es war unrecht von mir, daß ich mich früher so wenig um dich gekümmert habe – das soll jetzt anders werden, ich will es wieder gut machen und dir vor allen Dingen deinen Mann wieder schaffen.
ROSA. Ach, Vater, ich fürchte, mir ist der Weg zu seinem Herzen versperrt.
HASEMANN. Nichts da, Unsinn! Verirrt hast du dich bloß auf dem Weg, wir werden die richtige Spur schon wieder finden. Suchen wir nur den Wegweiser –
ROSA. Ich weiß ihn nicht zu finden.
Aus dem ersten Zimmer links ertönt das Wiegenlied: »Schlaf, Kindchen, schlaf« etc., welches bis zum Schluß des Aktes fortdauert.
HASEMANN erfreut. Aber ich. Hörst du da drinnen deinen Jungen? Da haben wir den Wegweiser. Komm!
ROSA weinend. Ach, liebster Vater!
HASEMANN sie an sich schließend. Weine dich nur tüchtig aus, das schadet nichts, im Gegenteil! Du hast dein Leben lang immer zu viel Sonne gehabt, und die große Hitze trocknet die Herzen aus wie die Pflanzen. Ein schöner, kräftiger Regen frischt die ganze Natur auf. Weine nur, ich weine mit – wir weinen ein Duett. Komm zu deinem Jungen. Wendet sich mit Rosa zum Gehen nach der ersten Tür links.
Das Orchester fällt mit einem Nachspiel zu dem Liede ein.
Der Vorhang fällt langsam.
Ende des dritten Aktes.