Achter Auftritt

[130] Feld vor Trier. Mählich beginnt der Morgen zu dämmern. Lanzknechte treten auf, den tödlich verwundeten Sombreff tragend. Später Ulrich von Hutten.


SOMBREFF.

Legt hier mich hin; gleich gilt es, wo ich sterbe.

ERSTER LANZKNECHT.

So schlimm wird es nicht sein, Herr Ritter. Hülfe

Will ich Euch rufen.

SOMBREFF.

Mir hilft keine Hülfe mehr.

Kehrt in den Kampf zurück.


Ulrich von Hutten mit einigen Bewaffneten tritt auf.


ZWEITER LANDSKNECHT.

Wer da! Gebt die

Parole!

ULRICH.

Luther und Franziskus!

SOMBREFF sich mühsam halb aufrichtend.

Hutten, Ihr seid's?

ULRICH.

Fritz Sombreff, Ihr? Und schwer verwundet, seh ich!

SOMBREFF.

Sagt nur, zum Tod getroffen.

ULRICH.

Armer Freund!

Ihr hieltet allzugut, was Ihr verspracht.

SOMBREFF.

Wie steht der Kampf? O gebt mir Auskunft!

ULRICH.

Noch schwankt die eh'rne Waage rastlos hin und her!

Vom Moseltore komm ich, wo wir blutig

Zurück des Feindes wüt'gen Ausfall schlugen.

Voran den Seinen focht der Erzbischof,

Entgegen würgt' ihm Franz, des hast'ges Schwert

Den Priester suchend, den ihm Mars entrückt,

Die Reihn der Feinde widerwillig fast

In dichten Garben achtlos niedermähte! Doch jetzt[130]

Lebt wohl! Zum Simeonstor eil ich, wohin Franz selbst

Geworfen seinen Sturm, die Stadt aufs Ärgste drängend,

Und auf sich zog der Feinde dicksten Knäul.

– Lebt wohl und zürnt nicht, wenn ich Euch verlasse,

Des Krieges grausamem Gebot getreu.

SOMBREFF.

O nur noch einen Augenblick versüßt mir

Durch flüchtigen Bericht des Lebens letzte Züge!

Wie steht es am Koritzer Tor? Es lief

Gemurmel durch die Reihn: genommen sei's!

ULRICH.

Dort stürmt, des Todes Bild, der schwarze Zollern,

Die Keule schwingend, die in seiner Hand

Aufwiegt der Sicheln zwei des Sensenmanns.

Wie er sein Volk wider die Mauer führt,

Ergießt ein solcher Strom von siedend Öl.

Geschmolzen Blei sich auf der Stürmer Haupt,

Daß lauten Schreis die Knechte von sich werfen

Die Sturmleiter, erschreckt zurückefliehn.

Doch er, ohn' eines Rufs sie nur zu würd'gen,

Als wolle er allein die Stadt erobern,

Hebt auf die wucht'ge Leiter, und hinan

Schwingt er sich ihre Sprossen mächt'gen Schritts.

Wie das die Knechte sehn, ergreift sie Scham,

Noch heißer brennend als das schmelzend Feuer;

Umkehren sie und stürmen nach dem Herrn.

Verwundet in der Rechten faßt er mit

Der Linken seine Waffe, kämpft wie vor.

Doch seiner Knechte allzudichte Reihn,

Die sich ihm nach zu seiner Hülfe schwingt,

Zerbricht die Leiter – doch, indem ich spreche

Verrinnt die Zeit! – Habt Ihr gehört? Signale!


Man hört hinter der Szene ein lang gehaltenes Signal.


SOMBREFF wendet sich um.

Zum Rückzug bläst man! Enden soll der Sturm –

So ende mit ihm dieses Lebens Rest!


Er stirbt.


Quelle:
Ferdinand Lassalle: Franz von Sickingen. Stuttgart 1974, S. 130-131.
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Franz von Sickingen
Franz von Sickingen; a tragedy in five acts (1910)
Franz von Sickingen

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