VIII. Arion.

[331] Neptunus, ein Chor von Delphinen.


NEPTUN. Das macht ihr recht schön, ihr Delphinen, ich lobe euch darum, daß ihr den Menschen immer so hold gewesen seid. Schon in alten Zeit habt ihr den Sohn der Ino, da er mit seiner Mutter von den Skironischen Felsen ins Meer stürzte, auf den Rücken genommen und nach dem Isthmus getragen: so wie du nur eben den Zitharöden von Methymna aufgefaßt und in seinem ganzen Ornat samt seiner Zither an das Tänarische Vorgebürge getragen hast; da er ohne deine Hülfe dem Verderben, das ihm die boshaften Schiffer zugedacht hatten, nicht entronnen wäre.

DELPHIN. Laß dich's nicht wundern, Neptun, wenn wir den Menschen Gutes tun, da wir selbst aus Menschen Fische geworden sind.

NEPTUN. Auch nehm ich es dem Bacchus sehr übel, daß er sich des Sieges, den er in dem Seetreffen über euch erhielt, gegen seine Gewohnheit so übermütig bediente. Aber wie ging es denn mit diesem Arion, mein lieber Delphin?[331]

DELPHIN. Periander hielt, denke ich, seines Talents wegen, sehr viel auf ihn und ließ sich öfters Musik von ihm machen; kurz, er bereicherte sich bei diesem Fürsten, und nun kam ihn ein Verlangen an, eine Reise nach Methymna zu tun, um bei seinen Mitbürgern mit seinem Reichtum Parade zu machen. Er bestieg zu diesem Ende ein kleines Fahrzeug, das unglücklicherweise von bösen Buben geführt wurde. Da er ihnen nicht verschwieg, daß er viel Gold und Silber bei sich habe, machten sie, sobald sie mitten auf dem Ägäischen Meere waren, einen Anschlag gegen sein Leben. »Nun dann«, sagte er (denn ich schwamm so nahe am Schiffe, daß ich alles hören konnte), »weil euer Entschluß, wie ich sehe, gefaßt ist, so erlaubt mir nur, meinen Ornat anzulegen, mir selbst einen Todesgesang zu singen und mich dann freiwillig ins Meer zu stürzen.« Da sie nun nichts dagegen hatten, legte er sogleich seinen Schmuck an, spielte und sang ein überaus anmutiges und rührendes Lied und stürzte sich dann ins Meer, mit der Gewißheit, den augenblicklichen Tod in den Wellen zu finden. Aber ich nahm ihn auf meinen Rücken und schwamm mit ihm bis an den Tänarus.

NEPTUN. Deine Liebe zur Musik ist sehr löblich, und du hast ihn für seinen schönen Gesang wohl belohnt.

Quelle:
Lukian: Werke in drei Bänden. Berlin, Weimar 21981, Band 1, S. 331-332.
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