1. Die Vorrede des Wittenberger Gesangbuches von 1524.

Vorrhede Matini Luther

Das geystliche lieder singen gut und Gott angeneme sey, acht ich, sey keynem Christen verborgen, die weyl yderman nicht alleyn das Exempel der propheten und könige ym allten testament (die mit singen und klingen, mit tichten und allerley seytten spiel Gott gelobt haben) sondern auch solcher brauch, sonderlich mit psalmen gemeyner Christenheyt von anfang kund ist. Ja auch S. Paulus solchs 1. Cor. 14 eynsetzt und zu den Collossern gepeut, von hertzen dem Herrn singen geystliche lieder und Psalmen, Auff das da durch Gottes wort und Christliche leere auff allerley weyse getrieben und geübt werden.

Dem nach hab ich auch, sampt ettlichen andern, zum gutten anfang und ursach zugeben denen die es besser vermügen, ettliche geystliche lieder zusamen bracht, das heylige Euangelion, so itzt von Gottes gnaden widder auff gangen ist, zu treyben und ynn schwanck zu bringen, das wyr auch uns möchten rhümen, wie Moses ynn seym gesang thut, Exo. 15, Das Christus unser lob und gesang sey, und nichts wissen sollen zu singen noch zu sagen, denn Jhesum Christum unsern Heyland, wie Paulus sagt. 1. Cor. 2.

Und sind dazu auch ynn vier stymme bracht, nicht aus anderer ursach, denn das ich gerne wollte, die iugent, die doch sonst soll und mus ynn der Musica und andern rechten künsten erzogen werden, ettwas hette, damit sie der bul lieder und fleyschlichen gesenge los werde und an derselben stat ettwas[474] heylsames lernete, und also das guete mit lust, wie den iungen gepürt, eyngienge. Auch das ich nicht der meynung byn, das durchs Euangelion sollten alle künste zu boden geschlagen werden und vergehen, wie ettliche abergeystlichen fur geben, Sondern ich wollt alle künste, sonderlich die Musica gerne sehen ym dienst des, der sie geben und geschaffen hat. Bitte derhalben, eyn iglicher frumer Christ wollt solchs yhm lassen gefallen und wo ym Gott mehr odder desgleichen verleyhet, helffen foddern. Es ist sonst leyder alle wellt all zu las und zuuergessen, die arme iugent zu zihen und leren, das man nicht aller erst darff auch ursach dazu geben. Gott geb uns seyne gnade. Amen.

Quelle:
Martin Luther: Werke. 120 Bände, Band 35, Weimar 1888 ff., S. 474-475.
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