Hartknopf steckt den Küster Ehrenpreiß in einen Graben.

[124] Denn dieser machte es ihm auf dem Wege, wenn sie über das Torfmoor nach dem Filial giengen, gar zu arg. –

Er fieng an von den Wolken zu sprechen, um auf die Glaubenslehren zu kommen, worüber er mit Hartknopfen disputiren wollte. –

Bleib' er bei seiner Nadel! sagte Hartknopf, denn Ehrenpreiß war seines Handwerks ein Schneider, und rede er nicht dumme und thörichte Worte! –

Nun mochte aber Hartknopf seine Ohren verstopfen, so hörte doch sein Begleiter nicht auf, den ganzen langen Weg ihm noch länger, und jeden sauren Schritt ihm noch saurer zu machen.

Eines Sonntags waren sie nun auch ohngefähr die Hälfte des Weges gegangen, als Ehrenpreiß, da ihm Hartknopf noch kein einziges Wörtchen[125] geantwortet hatte, anfieng witzig zu werden, und allerlei Anspielungen auf die Taube, auf den Engel, auf das Hallelujah, u.s.w. machte –

Dies hörte Hartknopf eine Weile an, bis sie mitten im Torfmoore vor einem schlammigten Graben vorbeikamen. – Da faßte er, ohne ein Wort zu sagen, den Küster Ehrenpreiß, ehe dieser sechs versahe, beim Halskragen, und steckte ihn, so wie er war, bis an den Hals in den Graben – woraus er ihn nicht eher wieder erlößte, bis er ein unverbrüchliches Stillschweigen auf dem Wegt angelobt hatte. –

Und nun fieng Hartknopf an zu reden und sprach die ganze übrige Hälfte des Weges dem Küster Ehrenpreiß mit mächtiger Stimme in die Seele, dieser aber gieng triefend neben ihm her, und erkühnte sich nicht einen Laut von sich zu geben, so lange sie noch neben dem Graben giengen. Als sie aber im Dorfe ankamen, machte er ein groß Geschrei, und drohte Hartknopfen zu verklagen, der selbst den Gesang in der Kirche anstimmen mußte, weil Ehrenpreiß ganz mit Schlamm bedeckt, vor keinem Menschen erscheinen konnte.

Quelle:
Karl Philipp Moritz: Andreas Hartkopf. Prediger Jahre, Berlin: Johann Friedrich Unger, 1790. , S. 124-126.
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