[125] Jerta schreibt. Kolbert steht wartend im Saal. Kerzen brennen. Es herrscht tiefe Stille, und man hört die Wanduhr Eilf schlagen.
JERTA ohne sich zu unterbrechen.
Ist der Graf zur Ruh?
KOLBERT.
Noch nicht;
Doch verließ der gnäd'ge Herr
Auch sein Zimmer noch nicht wieder.
JERTA.
Ihr war't bei ihm?[125]
KOLBERT.
Ja.
JERTA.
Er hat
Nicht mit euch gesprochen?
KOLBERT.
Mit sich selbst scheint er zu reden,
Oder – wenn ich's sagen darf-
Mit dem Bild, das vor ihm steht,
Und das ich noch nie gesehen.
JERTA scheinbar gleichgültig.
Kümmert euch nicht um den Inhalt
Seiner Selbstgespräche; er
Ist nicht wohl.
KOLBERT.
So muß ich glauben.
JERTA.
Seine Ohnmacht von vorhin
Hat ihn heftig angegriffen;
Dazu kommt –
Sie sieht Kolbert an.
Ihr waret stets[126]
Uns'res Hauses treuer Diener,
Euch mag ich's wohl sagen: Er
Hält sich für die Ursach eines
Unfalls, der den Freund getödtet,
Dessen Bild ihr habt gesehen.
KOLBERT lebhafter, als vorhin.
So etwas war ich vermuthen,
Denn –
JERTA unterbricht ihn eben so.
So müßt ihr alles deuten,
Was ihr etwa hört und seht. –
Diener, die zu seines Zustand's
Räthsel nicht den Schlüssel haben,
Taugen, bis er ruhig ist,
Nicht um ihn. – Versteht ihr mich?
KOLBERT.
Niemand naht ihm, außer mir.
JERTA den Brief faltend.
Recht! Und nun besorgt, daß gleich
Angespannt ein Schlitten werde.
KOLBERT.
Wohl.[127]
JERTA.
Den Sekretär bedeutet,
Daß auf meinem Zimmer er
Seinen Auftrag wird empfangen.
Ich erwart' ihn, ausgerüstet,
Auf der Stelle abzurufen
Nach der Hauptstadt. Sagt ihm das!
Kolbert geht ab.
Buchempfehlung
Das 1663 erschienene Scherzspiel schildert verwickelte Liebeshändel und Verwechselungen voller Prahlerei und Feigheit um den Helden Don Horribilicribrifax von Donnerkeil auf Wüsthausen. Schließlich finden sich die Paare doch und Diener Florian freut sich: »Hochzeiten über Hochzeiten! Was werde ich Marcepan bekommen!«
74 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.
396 Seiten, 19.80 Euro