4.


Die Dreckapotheke.

[91] Neuvermehrte Heilsame Dreck-Apotheke, wie nemlich mit Koth und Urin fast alle, ja auch die die schwerste, gifftigste Krankheiten, und bezauberte Schaden, vom Haupt bis zu den Füßen inn- und äußerlich glücklich curiret worden; durch und durch mit allerhand curieusen, so nütz- als ergetzlichen, Historien und Anmerkungen, auch andern feinen Denkwürdigkeiten, Abermals bewährt, und üm ein merkliches vermehrt und verbessert von Kristian Frantz Paullini. 1697. 8.
[91]

Eine Probe aus der Vorrede mag genug seyn.


»Es wird ohne Zweifel mancher träge Bankbruder, und dünkelwitzige Stumpffhirn, abermals die Nase über meinem neu-vermehrten, heilsamen, und so schleunig abgegangnem, auch ernstlich wieder verlangten Dreck rümpfen, dessen Muthwillen ich zwar nicht hemmen kann. Ein Weiser erinnerte sich hiebey, wie er aus Leimen gemacht sey und darum billich alles für Dreck achten sollte, und sein Fleisch üm und üm würmicht und koticht, er selbst Thon, und eitel schändlicher Koth, oder, daß ich etwas höflicher rede, Erde und Asche sey, auf daß er Christum gewinne, und stetz mit Hiob sagen: Gedenke doch, daß du mich aus Leimen gemacht hast, und wirst mich wieder zu Erden machen. Wir sind Thon, du aber bist unser Töpfer, und wir sind alle deiner Hände Werk. Darum errette mich aus dem Koth, daß ich nicht versinke, daß ich errettet werde von meinen Hassern. Unsere erste Herberg, darinn wir unter mütterlichen Herzen neun Monat lang eingekerkert liegen, ist traun sehr schmutzig, zwischen Koth und Urin. Mein Körper ist Dreck, und eben darum habe ich so dreckichte, unflätige, wohllüsternde Gedanken, sagt der fromme Burgunder und Abt zu Clarevall, Bernard. Und wenn ich mich gleich mit Wasser wüsche, so wirst du mich doch im Koth dunken.[92] Wenn in Engelland sich einer eine Spanne höher dünkt, als der andere, titulirt man ihn Lord. Die Dänen aber verdollmetschen das Wort in ihrer Sprache Dreck. Ist gar wohl getroffen. Denn ein Lord ein Lord. Wir stammen alle von Koth und Leimen her, sowohl die, so sich in Purpur, als groben Leinwand hüllen. Zur Erinnerung dieser dreckigten Herkunft und unflätiger Heymat, hat mir beliebt, die theuren Schätze und merkwürdige Geheimnisse des Koths etwas tiefer zu untersuchen, und die längst versprochne, auch nochmals verlangte, neu vermehrte, und von vielen groben Truckfehlern gesauberte Dreck-Apotheke abermals dir zu schenken. So lang wir Dreck haben, haben wir auch Brot. Dünge deinen Acker nicht, und harre denn auf reiche Erndte etc.«

»Als die höchstgebenedeyte Dreyeinigkeit ihr größtes Kunst- und Meisterstück, den Menschen, bilden wollte, brauchte sie Koth und Erde. Und siehe da, es war sehr gut. Fürsten und Herrn gehen mit nichts liebers, als gelbem Dreck um. Wer ihnen den am meisten zuschantzen kann, ist ihr lieber Getreuer, der Höchste am Bret. Auf diesen Dreck prägen sie ihre Bilder, wir heben solche auf, stutzen damit, und hängen sie gar an Hals. Ohrendreck auf eine glüende göldene Müntz geschmiert, vermehrt ihr Gewicht merklich. Streuen wir nicht Dreck, Puder wollte ich sagen,[93] in die Haare, und schwäntzen so einher? O du dreckigter Hochmut!«


»Sey nimmer müßig: Hör, und schaue Gottes Wunder

Sind auch im kleinsten Dreck. Ein' jede Creatur

Ist dessen Güte Pfand, und seiner Liebe Zunder,

Im Koth und im Urin liegt Gott und die Natur.

Kuhfladen können dir weit mehr als Bisam nützen,

der bloße Gänsedreck geht Mosch und Ambra für.

Was Schätze hast du oft im Kehrich und Mistpfützen,

Der beste Theriak liegt draussen vor der Thür.

Wie schön riecht der Profit!« u.s.f.

Quelle:
[Nebel, Ernst Ludwig Wilhelm:] Medicinisches Vademecum für lustige Aerzte und lustige Kranken [...] Theil 1–4, Frankfurt, Leipzig 1795 (Bd. 1), 1796 (Bd. 2); Berlin, Leipzig 1797 (Bd. 3); Berlin, Leipzig 1798 (Bd. 4), S. 91-94.
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