Erster Auftritt.

[16] Der Schauplatz zeiget ein weitläustiges Gefilde in welchem Pluto auf seinem Throne sitzet über die ankommenden Geister zu richten. In der Ferne sind verschiedene Merkmale seines unterirdischen Reiches zu sehen.

Pluto. Chor seiner Bedienten.


PLUTO.

Was hör' ich? ist es wahr,

Daß ein verweg'ner Gast aus jener Ober-Welt

In mein Gebiet zu kommen sich erkühne?

Auf! rüste dich, du mir getreue Schar!

Kann ich dem, was mir ahndet, glauben:

So will selbst Jupiter, der längst mir nachgestellt,

Durch ihn mir meinen Scepter rauben.

Vielleicht hat er ihm gar

Auch seinen Donner-Keil geliehen,

Mich desto heftiger zu überziehen.

Allein

Wer wollte furchtsam seyn!

Stellt der Vermessne sich in meinen Grenzen ein:

So soll er gleich zur ärgsten Straf' und Pein,

Die nur zu nennen steht, verdammet seyn.

Aria.


DER CHOR.

Zu den Waffen! zu den Waffen!

Lauft zusammen / ihr Scharen / und greifet ihn an!

Lasset nicht ab / bis ihr ihn gefunden /

Und überwunden /

Daß ich ihn selbst bestrafen kann.[16]

CHOR DER BEDIENTEN.

Zu den Waffen! zu den Waffen und greifet ihn an!


Man höret eine sehr angeneme Melodie, als von ferne.


PLUTO.

Was für ein holder Klang lässt sich von weiten hören?

Wie kützelt dieß mein Ohr?


Die Music ist etwas deutlicher zu vernemen.


Es scheint sich die Music zu nähern und zu mehren;

Sie kömmt mir nun ganz hell und deutlich vor.

Ach! welch ein Lust-Getön ist diesem gleich zu schätzen!

Jedoch es ist nicht Zeit, itzund sich zu ergetzen.

Die Rach' und Vorsicht will vielmehr,

Daß ich zur Gegenwehr

Mein Volk zusammen bringe,

Und meinen Feind mit starker Hand bezwinge.

CHOR.

Zu den Waffen! zu den Waffen!

Lauft zusammen / ihr Scharen / und greifet ihn an!

Zu den Waffen! / zu den Waffen / und greifet ihn an!


Quelle:
Georg Philipp Telemann: Die wunderbare Beständigkeit der Liebe, [Hamburg] [1726], S. 16-17.
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